Wien (OTS) – GR Harald Zierfuß (ÖVP) kritisierte das „Rekord-Minus“
des Budgets
für 2024 und 2025. Trotzdem sei in der Rede der Finanzstadträtin
„kein Wort zum Sparen, keine konkrete Ansage zur Konsolidierung“
gekommen, einzig der Bund solle „mehr hergeben“, fasste der ÖVP-
Mandatar zusammen. Das sei „viel zu wenig im Rahmen der Probleme die
wir haben“. Er forderte einen „Trendwechsel in der Budgetpolitik“:
Seit Amtsantritt der rot-pinken Koalition 2020 habe sich der
Schuldenstand der Stadt von 7,8 Milliarden auf 16 Milliarden Euro
verdoppelt. Die probate Ausrede der Stadtregierung für die steigenden
Schulden sei, dass der Bund eigentlich für den Schuldenstand
verantwortlich sei, zum Beispiel durch die Abschaffung der kalten
Progression. Fakt sei, laut Zierfuß: Die Stadt habe ausreichend
Einnahmen, das Problem sei, dass die rot-pinke Stadtregierung immer
mehr Geld ausgebe, als sie hat. Weiterregieren wie bisher sei
„unverantwortlich“; der Schuldenberg der Stadt würde den künftigen
Generationen die Zukunft kosten, sagte Zierfuß. Er kritisierte die
hohe Anzahl an Schulanfänger*innen, die in der ersten Klasse den
Lehrer nicht verstehen könnten. Dagegen brauche es konkrete
Maßnahmen, weil ohne Sprachkenntnisse kein Erfolg am Arbeitsmarkt
möglich sei. 1,1 Milliarden Euro für die Mindestsicherung seien zu
viel, so Zierfuß, die Summe überschreite inzwischen die Ausgaben für
den Gratis-Kindergarten. Die hohen Sozialleistungen in Wien kämen
einer Einladung gleich, nach Wien zu kommen, kritisierte der ÖVP-
Gemeinderat. Die Stadtregierung wolle die Mindestsicherung
evaluieren, er forderte hingegen eine Reform der Mindestsicherung. Er
ortete auch ein Problem bei den Frühpensionierungen unter den Beamt*
innen der Stadt. Diese würden deutlich vor 60 Jahren in Pension
gehen, anders als zum Beispiel im Bund. Es brauche altersgerechte
Berufsgruppen in der Stadt und Anreize, damit Menschen bis 65
arbeiten gehen – alles andere sei den zukünftigen Generationen nicht
Fair gegenüber. Die Evaluierungen von Förderungen und dass
Beteiligungen der Stadt weiter ausgepresst werden sollen würde zwar
etwas mehr Einnahmen bringen, ohne richtige Maßnahmen in den Ressorts
seien aber keine Schulden abzubauen. Er forderte ein Umdenken bei den
Finanzen der Stadt. Wien habe sich mehr verdient als ein „weiter wie
bisher.“
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) erinnerte daran, dass die
Stadt trotz widriger Umstände besser gewirtschaftet habe, als
veranschlagt und 500 Millionen Euro weniger als angesetzt ausgegeben
habe. Kernpunkte des neuen rot-pinken Regierungsprogramm seien
„sparen, reformieren und investieren in die Zukunft.“ Wien habe in
der letzten Periode deutlich in die Bildung investiert, in die
lebenswerte Stadt mit dem Umbau des öffentlichen Raums mit Radwegen,
Begrünung und Öffi-Ausbau zählte Arapovic auf. Die Stadt habe in den
Leistbaren Wohnraum investiert und in das Projket „Raus aus Gas“
ebenso in die Sonnenstromoffensive, erinnerte Arapovic. All das habe
Geld gekostet, sei aber sicher nicht umsonst gewesen: Wien befinde
sich in einer herausfordernden Lage – Stichwort längste
Rezessionsphase der Wirtschaft in Österreich mit steigender
Arbeitslosigkeit und hoher Inflation. Die Inflation treibe auch die
Kosten für Bildung, Pflege und Gesundheit; Sparen sei wichtig, gut zu
Haushalten bedeute aber nicht, nur Geld nicht ausgeben, sondern
wirtschaftlich mit dem vorhandenen Geld umzugehen. Deshalb werde die
Stadtregierung alle Förderungen unter die Lupe nehmen und evaluieren:
„Wie notwendig sind sie, wie treffsicher?“ Alle Vorhaben die neu
finanziert werden, müssten auch gegenfinanziert sein. Anders als der
Bund kommuniziere Wien offen über das Budget, kritisierte Arapovic.
Rot-Pink habe sich im Regierungsabkommen darüber verständigt, die
Mindestsicherung zu reformieren: Arbeit müsse sich wieder lohnen.
Auch sollen die Ausgaben im Gesundheitswesen gezielter eingesetzt
werden, um Menschen zu einer besseren Gesundheitsversorgung zu
verhelfen. Außerdem setze Wien stark auf Bildung, in den „guten
Kindergärten und guten Schulen“ machte Arapovic „einen Grundstein für
ein gutes Zusammenleben in Wien“ aus. Schulen müssten modern und
sicher sein, die Stadtregierung arbeite auf ein flächendeckendes
Angebot an Ganztagsbetreuung hin; ebenso werde das Angebot der
Sprachförderung ausgebaut. Fehlende Sprachkenntnisse führten zu
Diskriminierung und schlechtere Jobchancen, erinnerte Arapovic – hier
wolle die „Aufschwungskoalition“ ansetzen. Wien bewerbe sich als
Standort für eine „AI Gigafactory“, was den Wirtschaftsstandort
stärken würde. Außerdem verwies Arapovic auf weitere
„Zukunftsinvestitionen, die unsere Stadt nachhaltig verändern
werden“, wie die Umgestaltung der Ringstraße mit einer Verbesserung
der Radinfrastruktur.
StRin Mag. Judith Pühringer (GRÜNE) kritisierte, dass viele
Menschen in der Stadt das Gefühl beschleichen würde, sich das Leben
in der Stadt nicht mehr leisten zu können. Ein Beispiel für diese
Verunsicherung sei das 365-Euro-Ticket für die Öffis, das auf der
Kippe stehe. Vor allem Frauen seien auf die günstigen Verkehrsmittel
angewiesen; „Wollen wir wirklich dort kürzen, wo Wien Vorreiterin
ist?“, fragte Pühringer. Sie forderte Investitionen in die Öffis, in
die Verkürzung von Intervallen und in die Barrierefreiheit von
Fahrzeugen und Stationen. Auch beim Wohnen werde laut Pühringer für
eine große Zahl an Stadtbewohner*innen sichtbar, dass das Leben in
Wien teurer wird, meinte Pühringer. Leistbarer Wohnraum werde langsam
aber sicher knapp, weil die Zahl der neu gebauten geförderten
Wohnungen von Jahr zu Jahr zurückgehe, warnte Pühringer. Die Mieten
im privaten Bereich würden hingegen steigen; gleichzeitig stünden
mehr als 10.000 Wohnungen leer. Sie forderte eine Leerstandsabgabe
gegen die Spekulation mit Wohnungen. Positiv im Regierungsprogramm
und dem Budget sei: Wien halte weiter am Klimaneutralitäts-Ziel bis
2040 fest, ebenso würde die Kommune gegen Overtourism vorgehen und
Maßnahmen für lebenswerten öffentlichen Raum vorantreiben. Ein
„Schmerzpunkt“ sei aber die Bildungspolitik: Es brauche kleinere
Gruppen in den Kindergärten und mehr Geld für Fördermaßnahmen an
Schulen. Sie kritisierte die „Lücke von 40 Millionen Euro“ im FSW
beim Budget, so werde bei der Wohnungslosenhilfe und Unterstützung
bei Pflegeangeboten gekürzt. Sie kritisierte ebenso die Streichung
des Schulungszuschlags bei der Mindestsicherung und geplante
Kürzungen bei Familien.
StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) kritisierte die „Happy-Peppy-Rede“ der
Finanzstadträtin. Die Zahlen im Rechnungsabschluss würden eine andere
Sprache sprechen: Wien mache ständig Defizite „auf dem Rücken der
arbeitenden Bevölkerung“, sagte der nicht-amtsführende FPÖ-Stadtrat;
den arbeitenden Wienerinnen und Wiener werde laufend „Geld
weggenommen“, zum Beispiel über höhere Gebühren und Abgaben,
steigende Mieten im Gemeindebau oder höhere Kosten für Energie. Wien
habe versäumt, für einen Wirtschaftseinbruch vorzusorgen und
stattdessen munter laufend Schulden gemacht. Auch stimme es nicht,
dass Wien mehr investiert habe, tatsächlich sei die Investitionsquote
laut Nepp in der Stadt zurückgegangen – auch zu Lasten einer
funktionierenden Infrastruktur, meinte Nepp. Nicht gespart werde
hingegen bei der Mindestsicherung, Geld das an „nicht-Staatsbürger“
fließe, kritisierte Nepp. Durch die Zuwanderung würden Kosten bei
Bildung, in der Verkehrsinfrastruktur oder für den Wohnbau entstehen.
Bis zu zwei Milliarden Euro könne Wien als eine fiktive ‚Stadt ohne
Ausländerinnen oder Ausländer‘ einsparen, zitierte Nepp aus einer
entsprechenden Studie. Ausländerfamilien, „die nicht arbeiten
wollen“, könnten durch die hohen Sozialleistungen in Wien bis zu
9.000 Euro lukrieren, so Nepp. Die Sozialleistungen seien langfristig
in Wien nicht mehr finanzierbar, außer es werde an anderer Stelle
gekürzt, meinte Nepp. Diese Erkenntnis habe sich auch in der Stadt
durchgesetzt, wie ein öffentlich gewordenes E-Mail aus der
Finanzverwaltung zeige, führte Nepp ins Treffen. Auch würde sich Wien
wegen der bereits hohen Schulden immer schwerer tun, weiteres Geld
aufzunehmen: Wien steuere „immer weiter in ein Finanzdebakel“, so der
FPÖ-Mandatar. Da helfe es auch nicht, sich bei den Gewinnen der Stadt
-Wien-Unternehmen zu bedienen, wie im Regierungsabkommen skizziert.
Hier Geld zu entnehmen blockiere Investitionen in Projekte wie „Raus
aus Gas“ oder den Umstieg auf erneuerbare Energie, so Nepp.
GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) meinte, das Budget sei „in Zahlen
gegossene Politik“, in Wien könne diese unter „sozial gerechte
Klimapolitik“ zusammengefasst werden. Er wolle nicht im Wien von
seinem Vorredner Nepp leben, dieser würde sich aus aus dem Kontext
genommenen Bausteinen eine ganz eigene Welt zusammenzimmern,
kritisierte Taucher. Er strich einige Zahlen aus dem Budget hervor:
Wien gebe 3,1 Milliarden für Gesundheit aus – unter anderem für den
Ausbau der Primärversorgungseinheiten und der Modernisierung der
Spitalsstandorte. 2,6 Milliarden Euro würden in die Bildung fließen,
1,2 Milliarden Euro davon in Kinderbetreuung. Ebenfalls 1,2
Milliarden Euro würden in den Ausbau der Öffis gesteckt. Wien stehe
wirtschaftlich stark da und sei das einzige Bundesland mit
Wirtschaftswachstum. „Der Wirtschaftsmotor Wien brummt“, sagte
Taucher; mit 933.000 Menschen in Jobs gebe es einen neuen
Beschäftigungsrekord. Das bedeute auch, dass einiges an Steuergeld
der Wiener*innen zum Bund fließt, daher müsse die Stadt auch einen
fairen Anteil am Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern bekommen,
argumentierte Taucher. Beim Budget verweis der SPÖ-Klubchef auf die
unterschiedlichen Investitionen der rot-pinken „Forschrittskoalition“
der letzten Jahre und auf die Vorhaben der neuen
„Aufschwungskoalition“ in den Klimaschutz durch den Ausbau der
Erneuerbaren von Geothermie bis Solar-Offensive und die
Klimawandelanpassung mit dem Ausbau von Öffis und Radwegen und der
Begrünung des öffentlichen Raums – alles Investitionen die in den
Erhalt und Ausbau der hohen Lebensqualität in der Stadt einzahlen
würden. Insgesamt 6 Milliarden Euro würden in den Ausbau der Öffis
fließen; das Klima-Großprojekt U2/U5 würde auch tausende
Arbeitsplätze sichern. Taucher verwies auf den aktuellen
Ansiedelungsrekord bei internationalen Betrieben, der zeige, dass
Wien auch international als Wirtschaftsstandort punkten könne. Er
thematisierte auch Arbeitsmarkt-Maßnahmen des waff für verschiedene
Zielgruppen von Unterstützung für 14 bis 25-Jährige mit mangelhafter
Ausbildung, die für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden, ebenso wie
Programme für Menschen über 50 Jahren, die bei Älteren nachweislich
erfolgreich Menschen aus der Arbeitslosigkeit geholt hat. Außerdem
sei Wien „die Stadt der Frauen“ mit dem bundesweit geringsten Gender-
Pay-Gap und wirksamen Programmen gegen Gewalt. Frauen fühlen sich in
der Stadt sicher, Förderungen für Frauen im Job. Zur Wohnbaupolitik
meinte Taucher: In Wien werde anders als von seinen Vorredner*innen
dargestellt viel gebaut, die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“
sei ein starkes Instrument um ausreichend leistbare Wohnungen zu
schaffen; mit städtebaulichen Verträgen würde auch Geld aus
Widmungsgewinnen zurück in öffentliche soziale Infrastruktur fließen.
Die Bildung sei der Schlüssel für eine gute Zukunft, sagte Taucher,
deshalb seien Investitionen wichtig. Mit 4 Milliarden Euro habe rot-
pink aktuell auch das höchste Bildungsbudget in der Geschichte der
Stadt verabschiedet. (Forts.) ato