Wien (PK) – Mit einem mehrstündigen Expert:innenhearing startete der
Budgetausschuss des Nationalrats heute in die nächste Phase der
Budgetberatungen. Fünf Expert:innen gaben ihre Einschätzungen zum
Budgetentwurf für 2025 und 2026 sowie zu den Finanzrahmen für die
nächsten Jahre ab. Christoph Badelt von der Wirtschaftsuniversität
zufolge ist das Budget ein guter Anfang. Aber die Dynamik, dass
Ausgaben und Einnahmen auseinandergehen, sei noch nicht durchbrochen.
Auch Georg Feigl von der Arbeiterkammer Wien schrieb dem Doppelbudget
gute Akzente zu, aber: “da geht noch mehr”. In diesem Sinne sprach
sich der Experte für höhere vermögensbezogene Steuern aus. Die
Konsolidierungsmaßnahmen sind aus Sicht von Monika Köppl-Turyna vom
EcoAustria – Institut für Wirtschaftsforschung der Ökonomin ein
Schritt in die richtige Richtung, aber es brauche strukturelle
Reformen – bei Pensionen, Verwaltung, Bildung, Gesundheit und im
Föderalismus. Als Haupttreiber für die Defizitentwicklung nannte
Köppl-Turyna die öffentlichen Pensionen.

Martin Gundinger vom Austrian Economics Center machte sich für
die Einplanung von Sicherheitspuffern im Budget stark. Der Experte
unterstrich ebenfalls den Reformbedarf. Hohes Einsparungspotential
sah er in einer Senkung von Förderungen sowie einer “ernsthaften”
Entbürokratisierung. Auch Margit Schratzenstaller-Altzinger vom
Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) hält
Strukturreformen für notwendig. Mehr Maßnahmen seien bei den
Pensionen erforderlich, sagte sie und auch auf die Erfüllung der
Klimaziele sollte geachtet werden. Im Zuge der Budgetkonsolidierung
sei zudem ein Auge auf Verteilungsaspekte zu legen.

Doppelbudget 2025 und 2026: Hohe Schulden und
Budgetkonsolidierung

Konkret sind im Bundesfinanzgesetz 2025 für heuer Einnahmen in
der Höhe von 105,1 Mrd. Ꞓ und Ausgaben in der Höhe von 123,2 Mrd. Ꞓ
veranschlagt ( 67 d.B. und 68 d.B. ). Das entspricht einem
administrativen Defizit des Bundes von 3,68 % des BIP bzw. 3,5 %
berechnet nach den Maastricht-Kriterien. Gesamtstaatlich wird ein
Minus von 4,5 % erwartet. Auch 2026 soll der Saldo deutlich negativ
bleiben: Einnahmen des Bundes in der Höhe von 107,6 Mrd. Ꞓ stehen
Ausgaben von 125,9 Mrd. Ꞓ gegenüber. Das gesamtstaatliche Defizit
soll zwar leicht zurückgehen, wird mit prognostizierten 4,2 % aber
immer noch über der Maastricht-Grenze von 3 % liegen. Erst 2028 soll
dieser Grenzwert wieder erreicht werden. Den Bundesfinanzrahmen 2025
bis 2028 sowie Bundesfinanzrahmen 2026 bis 2029 zufolge steigt die
Schuldenquote zwischen 2025 bis 2028 kontinuierlich von 84,7 % auf 87
%. 2029 soll sie dann erstmals wieder leicht – auf 86,9 % –
zurückgehen ( 66 d.B. ).

Die Beratungen über die Bundesfinanzgesetze 2025 und 2026 und
über den Bundesfinanzrahmen 2025 bis 2028 sowie 2026 bis 2029 wurden
im Budgetausschuss einstimmig vertagt und werden morgen im
Budgetausschuss fortgesetzt. Morgen Mittwoch beginnen demnach die
Ausschussverhandlungen zu den einzelnen Budgetkapiteln. Mehrere Tage
lang diskutieren die Abgeordneten den Budgetentwurf mit den
zuständigen Regierungsmitgliedern. Die Abstimmungen im Ausschuss sind
für den 11. Juni vorgesehen. Ab 16. Juni beschäftigt sich das Plenum
des Nationalrats für drei Tage mit dem Haushaltsentwurf. Der
Beschluss des Doppelbudgets 2025/2026 wird am 18. Juni erwartet.

Badelt: Konsolidierung muss mittel- bis langfristig deutlich
erweitert werden

Unter schwierigen ökonomischen Bedingungen sei in kurzer Zeit ein
Doppelbudget erstellt worden, hielt Badelt eingangs fest. Die
grundsätzliche Dynamik der Staatseinnahmen und Staatsausgaben bleibe
durch das Konsolidierungspaket unverändert. Aus Badelts Sicht wird es
noch mehrere Milliarden – wahrscheinlich rund 6 Mrd. Ꞓ – weitere
Konsolidierungsmaßnahmen brauchen, um den vom Finanzministerium
angestrebten Budgetpfad tatsächlich zu erreichen. Dazu bedürfte es
grundlegende Reformen, die innerhalb der kurzen Zeit der
Budgeterstellung nicht umgesetzt werden konnten, wie Badelt sagte.
Der Fiskalrat schätze die Lage sogar optimistischer ein, als das
Finanzministerium, unterstrich der Experte. Kritisch äußerte sich
Badelt zur Abschaffung des Klimabonus. Diese treffe untere
Einkommensgruppen mehr.

Den angestrebten Budgetpfad in den Jahren 2025 und 2026 hielt
Badelt für realistisch. Um die mittelfristigen Budgetziele zu
erreichen, bedürfe es weiterer Maßnahmen, zeigte sich Badelt
überzeugt. Zudem machte er auf künftigen Einsparungsbedarf
aufmerksam. Nach Unterschreiten der 3 % der BIP-Defizitgrenze würden
präventive Anforderungen in Kraft treten. Badelt führte aus, die
Schuldenquote müsse dann um 0,5 % des BIP jährlich zurückgeführt
werden. Demnach sei ab 2030 weitere Konsolidierung nötig. Das
Doppelbudget sei ein wichtiger erster Schritt, die Konsolidierung
müsse aber mittel- bis langfristig deutlich erweitert werden.

Badelt ging auch auf Bundesschatzanleihen ein. Gemeinden und
Länder sollen künftig in Bundesschatz investieren können, wie gestern
präsentiert wurde. Die Idee dahinter: Liquide Mittel, die öffentliche
Einheiten bei Banken liegen haben, können in Bundesschätzen veranlagt
werden. Dadurch könnte der Bund seine Verschuldung reduzieren, so die
Prognose. Grundsätzlich positiv sah Badelt, wenn gesamtstaatliches
Schuldenmanagement betrieben werde. Fraglich sei, wieviel Geld
verlagert wird. Badelt konnte keine Nachteile erkennen – mit Ausnahme
des pädagogischen Aspekts. “Es könnte der falsche Eindruck entstehen,
dass wir nicht mehr sparen müssen.” In Summe hielt er es für “mehr
Mathematik als Ökonomie”.

Feigl: Gute Akzente – aber “da geht noch mehr”

Eine gute Budgetpolitik verbessere die Lebensbedingungen der
Menschen und trage dazu bei, dass wirtschaftspolitische Ziele
erreicht werden, eröffnete Feigl sein Statement. Dafür brauche es
Geld. In der aktuell schwierigen Lage würden die Mittel fehlen. Das
Defizit würde ohne Konsolidierung auf 6 % der Wirtschaftsleistung
ansteigen. In dieser Situation fehle guter Budgetpolitik die
Grundlage. “Es gibt momentan keine gute Lösung für die
Budgetpolitik”, führte der Experte aus. Nun gehe es darum, “die
weniger schlechte Lösung” zu finden. Als Maßstab seien die
Budgetpläne vom Jänner heranziehen, die die letztlich gescheiterten
Koalitionsverhandler:innen an die EU-Kommission übermittelt haben.
Positive Akzente erkannte er im Start der Budgetsanierung, im
Bildungsbereich und bei den beschäftigungspolitischen Akzenten. Feigl
hob hervor, dass der Budgetpfad nicht überhastet werde.

Problematisch sah Feigl, dass bei der Budgetsanierung zu sehr auf
Kürzungen und zu wenig auf höhere Einnahmen gesetzt werde. Ähnlich
wie der Budgetdienst des Parlaments sei auch die Arbeiterkammer zum
Ergebnis gekommen, dass die beiden unteren Einkommenszehntel zwar
etwas weniger zur Konsolidierung beitragen, aber in Relation zum
verfügbaren Einkommen mehr verlieren, so Feigl.

Positiv anerkannte Feigl den Chancenbonus. Schulen, deren Kinder
schlechtere Startchancen haben, würden tatsächlich mehr Mittel
erhalten. Auch das zweite Kindergartenjahr sei ein Fortschritt, das
Familien mit wenig Einkommen besonders zugutekomme, unterstrich der
Experte. “Da geht noch mehr”, betonte Feigl im Hinblick auf höhere
vermögensbezogene Steuern. “Wir haben derzeit noch einen der besten
Sozialstaaten der Welt, das soll auch so bleiben”, unterstrich Feigl.

Gundinger: Es gäbe genügend Möglichkeiten zu sparen

Martin Gundinger kritisierte den Umgang politischer
Entscheidungsträger mit ökonomischen Prognosen. Es sei äußerst
bedauerlich, wenn einerseits “die Unzuverlässigkeit vieler Prognosen
beklagt wird”, andererseits aber “erneut den Einschätzungen ebenjener
Ökonomen und Institutionen gefolgt wird, die sich wiederholt als
unzuverlässig erwiesen haben”. In diesem Sinn forderte Gundinger ein
Umdenken. Viele hätten weder die jüngste Inflationskrise noch die
Verschlechterung der wirtschaftlichen Gesamtlage antizipiert. Beim
Budget machte sich Gundinger für die Einplanung von
Sicherheitspuffern stark. Er kritisierte politische Postenbesetzungen
und politische Bevormundung. Besonders besorgniserregend sei die
steigende Staatsverschuldung, die gemessen am Bruttoinlandsprodukt (
BIP) 2024 bereits 81,8 % erreichte und bis 2026 auf 86,2 % ansteigen
soll.

Auch Gundinger unterstrich den Reformbedarf. Echte
Strukturreformen, die über marginale Anpassungen hinausgehen, würden
fehlen. Eine “drastische Verringerung der Staatsaufgaben und
Staatsausgaben” hielt er für notwendig. Zudem bedürfe es
Steuererleichterungen. Hohes Einsparungspotential sah er in einer
Senkung von Förderungen sowie einer “ernsthaften”
Entbürokratisierung. Deregulierung und die Umstellung auf ein
Sozialsystem, bei dem Auszahlungen in gewissem Maß auch mit
Einzahlungen im Zusammenhang stehen. Gundinger zufolge gäbe es
genügend Möglichkeiten zu sparen, “wenn man es ernst meint”.
Angesichts des Verharrens im “Klein-Klein” prognostizierte der
Ökonom, dass die Budgetprobleme am Ende der Legislaturperiode größer
sein werden als sie jetzt sind.

Köppl-Turyna: Öffentliche Pensionen als Haupttreiber für
Defizitentwicklung

Die Konsolidierungsmaßnahmen sind aus Sicht der Ökonomin ein
Schritt in die richtige Richtung. Förderkürzungen seien sinnvoll,
sollten jedoch auf klaren Zielen basieren und deren Fortführung bzw.
Abschaffung kontinuierlich evaluiert werden. Positiv bewertete Köppl-
Turyna, dass der Bildungsbereich “weitgehend verschont” bleibe. Beim
Chancenbonus komme es auf die Umsetzung an.

Als Haupttreiber für die Defizitentwicklung nannte Köppl-Turyna
die öffentlichen Pensionen, denn allein die Überweisungen an die
Pensionsversicherung würden um beinahe 3 Mrd. Ꞓ in den nächsten
beiden Jahren steigen. Für Bundesbeamt:innen in Ruhe betrage der
Zuwachs in den zwei Jahren 1,2 Mrd. Ꞓ. Die Schuldenquote steige und
sei weit entfernt vom Maastricht-Ziel, kritisierte die Expertin.
Dementsprechend nehme auch die Zinslast des Bundes weiterhin stark
zu. Die Gehaltsabschlüsse für die Bundesbediensteten würden zu einem
Anstieg der Personalausgaben führen, machte Köppl-Turyna aufmerksam.

Einige Maßnahmen, wie höhere Dividendenausschüttungen staatsnaher
Unternehmen oder die Bankenabgabe, hätten nur einen kurzfristigen
Effekt für die nächsten zwei Jahre, sagte sie. Auch die Erhöhung des
Zugangsalters zur Korridorpension bringe langfristig kaum Entlastung
– spätere Pensionsantritte führten zu höheren Pensionsansprüchen,
argumentierte Köppl-Turyna.

Zu wenig Beachtung werde in dem Budget auf die
demografiebedingten Ausgaben und strukturelle Reformen gelegt, so ein
weiterer Befund von Köppl-Turyna. Die geplante Verschärfung bei der
Korridorpension könne die Ausgaben kurzfristig reduzieren.
Langfristig seien die Auswirkungen jedoch begrenzt, da ein späterer
Antritt aufgrund der geringeren Abschläge mit einer höheren Pension
verbunden ist, würden die finanziellen Effekte großteils kompensiert.
Eine nachhaltige Sicherung des Pensionssystems sei laut Köppl-Turyna
nur durch ein höheres gesetzliches Antrittsalter umzusetzen.
Reformbedarf sah Köppl-Turyna im Gesundheitswesen.

Schratzenstaller-Altzinger: Strukturreformen notwendig

Die Budgetkonsolidierung sei unumgänglich und könne trotz
gedämpfter wirtschaftlicher Aussichten nicht verschoben werden,
fasste Schratzenstaller-Altzinger zusammen. Die Mischung aus
einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen hielt sie für erforderlich.

Schratzenstaller-Altzinger sah ebenfalls Strukturreformen für
notwendig an, insbesondere nannte sie dabei das Gesundheitswesen und
das Fördersystem. Im Sinne einer Föderalismusreform sprach sich
Schratzenstaller-Altzinger dafür aus, die bereits begonnenen
Gespräche zwischen Bund, Ländern und Gemeinden dafür zu nutzen, um
Schritte in Richtung einer Reform der Finanzausgleichsarchitektur zu
setzen.

Bei den Pensionen bräuchte es mehr Maßnahmen, sagte sie. Zudem
sollte stärker auf ökologische Aspekte und die Erfüllung der
Klimaziele geachtet werden. Dies könnte mittelfristig zu mehr Kosten
führen, als kurzfristig eingespart werde, sagte sie mit Verweis auf
die beschlossene NOVA-Befreiung von Nutzfahrzeugen und die Erhöhung
des Pendlereuros. Zudem sprach sich die Expertin dafür aus, künftig
Umweltsteuern an die Inflation anzupassen, um die “kalte Degression”
auszuschalten.

Budgetkonsolidierungen sollten auf Verteilungsaspekte achten, um
als fair empfunden zu werden, argumentierte sie. Eine Studie des
Budgetdiensts des Parlaments zeige, dass eine Reihe von Maßnahmen,
die direkt auf das Einkommen wirken, insgesamt zu relativ stärkerer
Belastung unterer Einkommen führen. Eine Reihe von
Konsolidierungsmaßnahmen dürften Frauen stärker belasten als Männer,
nämlich jene, die die unteren Einkommen stärker treffen, so
Schratzenstaller-Altzinger. (Fortsetzung Budgetausschuss) gla

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische
Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für
Finanzen.

Details zu den Budgets 2025 und 2026, den Änderungen gegenüber
den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs
bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort
erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante
Budgetdaten. Eine Lesehilfe zu den Budgetunterlagen 2025 und 2026
dient der Orientierung und dem besseren Verständnis der umfangreichen
Unterlagen. Sie enthält auch den Zeitplan für die Verhandlungen der
einzelnen Kapitel.

Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden
Sie auf der Website des Finanzministeriums .

Fotos vom Expert:innenhearing des Budgetausschusses finden Sie im
Webportal des Parlaments . Die Debatte ist auch als Video-on-Demand
in der Mediathek des Parlaments verfügbar.