Österreich (OTS) – Anlässlich des Weltflüchtlingstags erinnert die
Caritas an das Recht
auf Familie und fordert, die Familienzusammenführung für
schutzberechtigte Menschen in Österreich fortzuführen. Integration
muss vom ersten Tag konkret beginnen: mit einem flächendeckenden
Angebot an Sprachkursen, Jobchancen und einem Zuhause. Laut dem
aktuellen Bericht der UNHCR sind derzeit weltweit 122,1 Millionen
Menschen auf der Flucht – so viele wie noch nie zuvor.
Österreich hat kein Überlastungs-, sondern ein Planungsproblem.
„Das Aussetzen der Familienzusammenführung Schutzberechtigter
greift massiv in die Rechte schutzberechtigter Menschen ein. Einen
echten Notstand, der das rechtfertigen soll, gibt es nicht “,
kommentiert Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich, die
Entscheidung der Regierung, das Recht auf Familienzusammenführung
durch eine Notverordnung außer Kraft zu setzen. Tatsächlich ist die
Zahl der Asylanträge in Österreich massiv gesunken. Sie sank von
59.232 im Jahr 2023 auf 25.360 im Jahr 2024. Das ist mehr als die
Hälfte. Von Jänner bis April 2025 wurden bisher 6.056 Anträge
gestellt. Auch die Zahl der Anträge auf Familienzusammenführung ist
rückläufig: 2023 wurden noch 9.300 Anträge gestellt, im Jahr 2024
waren es 7.700 und bis Ende April dieses Jahres nur 538. Auch die
Situation im Bildungssystem zeigt ein differenziertes Bild: Tirol und
Vorarlberg haben explizit erklärt, dass ihre Bildungseinrichtungen
nicht überlastet sind. Nur Wien meldet eine überdurchschnittliche
Anzahl an außerordentlichen Schüler*innen. „Wir sehen keinen
Zusammenhang mit der überschaubaren Anzahl an Personen, die über die
Familienzusammenführung kommen, sondern vielmehr ein strukturelles
Versäumnis bei der Planung notwendiger Integrationsangebote“, so Parr
weiter.
Lehrkräftemangel, zu wenige Schulplätze, fehlende Ressourcen –
das sind Herausforderungen. Sie sind jedoch nicht neu: Durch
demografische Entwicklungen, wie Pensionierungswellen von Lehrkräften
und eine hohe Anzahl an Teilzeitverträgen, sind in den letzten Jahren
Personalmängel entstanden. Diese wurden nicht durch Geflüchteten
verursacht. In der öffentlichen Diskussion entsteht trotzdem der
Eindruck, Ehepartner*innen und Kinder Geflüchteter seien für Probleme
verantwortlich, die es in unserem System schon lange gibt.
Integration ab Tag eins heißt: Mitmachen statt Abwarten!
„Wer vor Krieg und Verfolgung fliehen muss, braucht ein Dach über
dem Kopf und eine echte Chance, hier anzukommen. Wir müssen Menschen,
die in Österreich Schutz gefunden haben, mehr und passendere
Integrationsangebote zugänglich machen. Integration ab dem ersten Tag
ist machbar und für die Betroffenen wie für die unsere Gesellschaft
von zentraler Bedeutung“, führt Parr aus. Was das konkret bedeutet:
Integration ab dem ersten Tag beginnt mit flächendeckenden
Deutschkursen. Diese müssen unmittelbar und flächendeckend zugänglich
sein. In der Realität ist dies jedoch insbesondere in ländlichen
Gebieten eine große Herausforderung. Sprache ist der Schlüssel zu
allem: Bildung, Arbeit und Begegnung. Genauso wichtig ist bezahlbare
Mobilität. Menschen müssen zum Deutschkurs, zur Arbeit oder zum
Praktikum gelangen können. Hinzu kommt: Der Zugang zum Arbeitsmarkt
darf kein Labyrinth sein. Bürokratische Barrieren, unklare Regelungen
oder die Gefahr die Unterkunft zu verlieren verhindern heute, dass
Menschen ihre Fähigkeiten motiviert und wirksam einbringen können.
Wer arbeiten will, soll auch arbeiten dürfen! Wer arbeitet, soll auch
dazuverdienen können, um sich selbst zu versorgen und eine Zukunft
aufzubauen. Gleichzeitig braucht es endlich eine gerechte und
sinnvolle Verteilung der Asylsuchenden. Aktuell drängen sie in die
Städte und vor allem nach Wien, da nur dort entsprechende Angebote
vorhanden sind.
Familiennachzug ist besser steuerbar als jede andere Form der
Migration.
Der Familiennachzug ist steuerbar, planbar und kontrollierbar.
Laut Statistik Austria leben derzeit über 13.000 Menschen mit einem
aufrechten Familiennachzugsverfahren in Österreich oder warten
aktuell im Ausland auf die Möglichkeit, mit ihren Angehörigen
zusammengeführt zu werden. Die Behörden kennen diese Zahlen und
wissen somit genau, wann wie viele Menschen nach Österreich kommen.
Mit diesem Wissen können sie beispielsweise planen, wo welche
Kindergarten- und Schulplätze benötigt werden oder wo welche
Integrationsangebote installiert werden müssen.
„Betroffene wenden sich an die Beratungs- und
Betreuungseinrichtungen der Caritas. Sie sind verzweifelt und voller
Sorge, ihre Familie in einem Kriegsgebiet zurücklassen zu müssen und
nicht bei ihr sein zu können. Die Trennung von Partner*innen und
Kindern belastet diese Menschen psychisch enorm, frustriert sie und
raubt ihnen jede Perspektive. Wir wissen aus zahlreichen Studien,
dass dies nachweislich die Integration hemmt. Wer von seiner Familie
getrennt ist, tut sich schwerer, hier wirklich anzukommen. Familie
gibt Halt und ist der wichtigste Baustein für gelingende
Integration“, beschreibt Anna Parr.
Integration braucht Taten.
„Mit Sorge sehen wir, dass der aktuelle politische Diskurs echte
Integrationspolitik verhindert. Im Regierungsprogramm heißt es:
‚Integration soll ab dem ersten Tag beginnen.‘ Was es dazu braucht,
ist bekannt“, so Parr. „Es muss Schluss sein mit Sanktionen.
Stattdessen brauchen wir flächendeckende Sprachkurse, bezahlbare
Mobilität, Zugang zum Arbeitsmarkt und faire
Zuverdienstmöglichkeiten. Und: Die Familienzusammenführung darf nicht
ausgesetzt werden. Sie ist zentral für gelingende Integration.
Niemand baut sich ein neues Leben auf, wenn die eigene Familie
fehlt“, Parr abschließend.