Wien (OTS) – Weltweit sterben 1,2 Millionen Menschen jährlich
aufgrund einer
chronischen Nierenerkrankung. Bis 2040 wird die chronische
Nierenerkrankung die fünfthäufigste Todesursache sein. Vorsorgliche
Screening-Programme bei Risikogruppen wie Diabetikern, Bluthochdruck-
Patienten und Menschen, die an kardiovaskulären Erkrankungen leiden,
sollen diesem Trend entgegenwirken. Mit unter anderem SGLT2-
Inhibitoren gibt es zudem Medikamente, die das Fortschreiten der
Krankheit wesentlich – um bis zu 17 zusätzliche Jahre – herauszögern
können. Darüber und über weitere Fortschritte rund um die Niere geht
es beim internationalen Kongress der European Renal Association (ERA)
, der vom 4. bis 7. Juni im Austria Center Vienna stattfindet.
„Über 10 Prozent der Gesamtbevölkerung sind von einer chronischen
Nierenerkrankung betroffen. Das sind alleine in Österreich an die
800.000 bis 970.000 Menschen. Das große Problem dabei ist, dass die
Niereninsuffizienz sehr schleichend und lange Zeit schmerzfrei
verläuft, sodass Patienten sie erst spüren, wenn es fast zu spät ist.
Einer alarmierenden Einschätzung der WHO soll die chronische
Nierenerkrankung bis 2040 so zur fünfthäufigsten Todesursache
weltweit aufsteigen. Dem wollen wir mit mehr Awareness für die Niere
und einem gezielten Vorsorgeprogramm bei Risikogruppen
entgegenwirken, denn eine chronische Nierenerkrankung kann sehr
leicht diagnostiziert werden. Mittlerweile haben wir auch sehr gute
Medikamente in der Hand, die das Fortschreiten der Nierenerkrankung
stark verlangsamen und den Betroffenen viele dialysefreie Jahre
ermöglichen können“, so Univ.-Prof. Dr. Kathrin Eller, 1. Stv.
Abteilungsleiterin der Klinischen Abteilung für Nephrologie der
MedUni Graz und Kongresssekretärin beim ERA-Kongress.
Zwtl.: Vorsorgescreening soll Todesfälle deutlich reduzieren
„Derzeit stehen in Österreich den 970.000 Menschen, die an einer
chronischen Nierenerkrankung leiden, an die 10.000 Betroffene
gegenüber, die eine Nierenersatztherapie benötigen. Diese Differenz
erklärt sich hauptsächlich dadurch, dass viele Menschen sterben,
bevor sie eine Nierenersatztherapie brauchen,“ betont Eller. So geht
die WHO davon aus, dass die Zahl an Menschen, die direkt aufgrund
einer chronischen Nierenerkrankung sterben von derzeit 1,2 Millionen
bis ins Jahr 2040 auf bis zu 4 Millionen Todesfälle weltweit steigen
wird. „Viele sterben vor allem auch durch kardiovaskuläre
Erkrankungen, denn das Herz ist gewissermaßen ein Spiegelbild der
Niere. Früherkennungsprogramme bei Risikogruppen könnten diese
Todesfälle deutlich reduzieren“, erklärt die Nephrologin. An die 20-
40 % der Diabetiker, über 20 % der Hypertoniker und die Hälfte aller
Herzinsuffizienzpatienten leiden nämlich auch an einem chronischen
Nierenproblem. Werden derzeit nur Diabetiker auch auf ein
Nierenleiden gescreent, wäre eine Erweiterung auf Bluthochdruck-
Patienten, Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen und sukzessive
weitere Risikogruppen wie bestimmte Autoimmunerkrankungen, Adipositas
und Menschen, die eine Chemotherapie im Zuge ihrer Krebsbehandlung
erhalten haben, wünschenswert. Experten aus den USA empfehlen sogar
ein Screening der gesamten Bevölkerung.
Zwtl.: Blut- und Harnproben als sichere und einfache Diagnosetools
„Ob eine chronische Nierenerkrankung vorliegt, lässt sich leicht
durch Blut- und Urintests abklären. Im Blut fungiert das Kreatinin
als Marker zur Abschätzung, ob die Filtrationsleistung der Niere
passt. Bei Harnproben wird geschaut, ob und in welcher Menge das
Eiweiß Albumin vorhanden ist“, so Eller. Eine chronische
Nierenerkrankung liegt dann vor, wenn die glomeruläre Filtrationsrate
der Niere kleiner als 60 ml in der Minute ist und im Harn das Eiweiß
Albumin in der Konzentration von über 30ml/g vorhanden ist und diese
Werte über 3 Monate hinweg bestehen.
Zwtl.: SGLT2 Inhibitoren als Game Changer
Wird eine chronische Nierenerkrankung frühzeitig diagnostiziert,
kann durch entsprechende Behandlung der Fortschreitungsprozess der
Erkrankung erheblich verlangsamt werden. „Als wahre Game Changer
haben sich hier die SGLT2 Inhibitoren gezeigt. Ursprünglich für die
Diabetes-Behandlung entwickelt, verbessern sie die glomeruläre
Filtrationsrate der Niere enorm. In Kombination mit anderen
Medikamenten gehen wir derzeit davon aus, dass die Patienten, die an
einer chronischen Nierenerkrankung leiden, so bis zu 17 zusätzliche
Jahre ohne Nierenersatztherapie gewinnen können“, betont die
Nephrologin. Zudem wirken eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von
1,5-2 L am Tag, regelmäßige Bewegung, Nikotin-Karenz und ein
Gewichtsmanagement positiv auf die Niere.
Zwtl.: Tragbare Dialysegeräte & Schweinenieren – Forschung für
Nierenersatztherapie
Ist eine Nierenersatztherapie notwendig, kommt es zur
Dialysebehandlung oder Nierentransplantation. „Um zukünftig bei
Dialysepatienten die Lebensqualität zu verbessern und ihnen die
Möglichkeit zu geben, Toxine über einen längeren Zeitraum zu filtern,
wird an tragbaren Dialysegeräten, künstlichen Nieren und
biosensorgesteuerter individualisierter Dialyse geforscht. Bis wir
hier Änderungen in der Praxis sehen, wird es allerdings noch dauern“,
so Eller. An die 500 Menschen in Österreich bekommen alljährlich eine
transplantierte Niere, 10 bis 15 Prozent davon von Lebendspendern. Um
hier die Transplantationsmedizin zu verbessern, wird in der Forschung
an neuen Immunsuppressiva gearbeitet, die auch mit geringerer
Dosierung und damit schonender für den Körper Abstoßreaktionen
verhindern können. „Aufgrund des Engpasses an menschlichen Organen
wird auch an der Möglichkeit von Xenotransplantationen gearbeitet.
Hier werden Schweine so genetisch verändert, dass sie Nieren
entwickeln, die sich für uns Menschen gut eignen und nicht sofort
abgestoßen werden“, erklärt Eller. In den USA wurde bereits eine
solche experimentelle Xenotransplantation durchgeführt.
Zwtl.: Über die IAKW-AG
Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien,
Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna
International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna.
Das Austria Center Vienna ist mit 21 Sälen, 134 Meetingräumen sowie
rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum
und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen.