Wien (OTS) – Weniger Erwerbstätige, mehr Patient*innen. Expert*innen
aus
Gesundheit und Wissenschaft diskutierten wie das Gesundheitssystem
dem Wandel standhalten kann.
Prognosen zeigen: Trotz steigender Bevölkerung wird Österreich
weiter altern. Das stellt besonders die Gesundheitsversorgung auf die
Probe. Unter dem Motto „Alt genug für die Zukunft? Österreichs Weg in
die demografische Wende“ luden die Vinzenz Gruppe und die
Tageszeitung Die Presse am 18. Juni 2025 zum Demografie-Gipfel in das
Filmquartier Wien. Namhafte Fachleute aus Gesundheitswesen,
Wissenschaft und Wirtschaft erörterten die Faktenlage und
diskutierten Lösungen für die zahlreichen Herausforderungen, wenn
höhere Nachfrage nach Gesundheitsleistungen auf weniger Erwerbstätige
trifft.
Zwtl.: Spürbare Folgen bereits heute
1950 kamen laut Statistik Austria sechs Erwerbstätige auf eine
Person im Pensionsalter – heute sind es nur noch drei, mit weiter
sinkender Tendenz. Die Folgen dieses Wandels seien im Gesundheits-
und Sozialwesen bereits jetzt für alle spürbar, betonte Michael
Heinisch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vinzenz Gruppe, in
der Begrüßung – sei es der Fachärztemangel, längere Wartezeiten auf
OPs oder die Schwierigkeiten bei der Suche nach Pflege. Umso
wichtiger sei, jetzt zu verstehen, was auf uns zukommt. „Die Vinzenz
Gruppe fühlt sich verantwortlich, der Herausforderung zu begegnen. Da
es dabei keine einfachen Lösungen geben wird, wollen wir mit dem
Demografie-Gipfel einen interdisziplinären Dialog anstoßen.“
Zwtl.: Keine Budgetsanierung ohne Reformen
Den Anfang machte Christoph Badelt. In seinem Impulsvortrag
erinnerte der Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der WU
Wien und Präsident des Fiskalrats an die angespannte Lage des
Staatshaushaltes: Österreich hat ein Budgetdefizit von 4,3 % des BIP,
gleichzeitig steigen die Staatsschulden weiter an. Das Defizit
erkläre sich vor allem aus monetären Sozialleistungen: Pensionen,
Gesundheit, Pflege. Badelt plädierte für umfassende Reformen, die die
Ausgabendynamik der öffentlichen Hand bremsen. Sonst seien die
Prognosen bis ins Jahr 2070 düster: Bedingt durch die demografische
Dynamik, aber auch durch den Klimawandel, werde die fiskalische Lücke
immer größer. Badelt: „Wir brauchen jetzt wesentliche Reformen, die
die Ausgabendynamik der öffentlichen Hand bremsen. Und dabei geht es
nicht nur um das Bundesbudget. Gerade im Gesundheitswesen geht es
auch um die Länder, die Gemeinden und um die Sozialversicherung.“
Zwar würden die öffentlichen Gesundheitsausgaben auch nach Reformen
weiter steigen, doch es ginge darum, diese Steigerungen nachhaltig
stemmen zu können, schloss der Ökonom.
Zwtl.: Strukturen für eine gesunde Zukunft
Für Ökonomin Maria Magdalena Hofmarcher-Holzhacker, die unter
anderem bei der OECD zur Effizienz von Gesundheits- und
Langzeitversorgung arbeitete, ist die Demografie an sich keine Krise,
sondern Folge des medizinischen und gesellschaftlichen Fortschritts.
„Die Herausforderung liegt nicht im Altern, sondern in der Anpassung
unserer Strukturen.“ Trotz jährlich rund 60 Mrd. Euro an
Gesundheitsausgaben gebe es erhebliche Wissenslücken – etwa bei
regionalen Unterschieden in der vorzeitigen Sterblichkeit oder der
Wirkung eingesetzter Mittel. Eine zentrale Zukunftsaufgabe sieht
Hofmarcher-Holzhacker in der engeren Zusammenarbeit von Gesundheit
und Pflege: „Die beiden müssen ein gut klingendes Orchester werden.
Nur so sichern wir ein starkes öffentliches Gesundheitswesen.“
Zwtl.: Dem Wandel begegnen mit Daten und KI
Eine datenwissenschaftliche Perspektive auf das Thema
Überalterung bot der bekannte Komplexitätsforscher Peter Klimek.
Anhand von sogenannten Komorbiditätsnetzwerken zeigte er: Je älter
wir werden, desto höher ist unser Risiko für Mehrfacherkrankungen und
für besonders schwere Folgeerkrankungen. Jede Person hat dabei ein
einzigartiges Risikoprofil. Das verdeutlicht die Notwendigkeit
personalisierter Prävention. Datenbasierte Modelle können
beispielsweise auch Versorgungsengpässe durch Pensionierungen im
niedergelassenen Bereich vorhersagen – und könnten so die Steuerung
optimieren. Auch Künstliche Intelligenz kann helfen, das
Gesundheitswesen zu entlasten: Studien zeigen, dass KI in der
Diagnostik bereits jetzt hohe Genauigkeit erzielt.
Zwtl.: Zukunft verstehen ‒ und handeln
In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von „Presse“-
Redakteur Köksal Baltaci, sprachen sich alle Teilnehmenden für
umfassende Reformen aus, denn „die Zündschnur der demografischen
Bombe macht schon jetzt viel Feuer“, wie es Badelt ausdrückte. Als
konkrete Maßnahme forderte Hofmarcher-Holzhacker die Entkoppelung der
Spitalsfinanzierung von Gemeinden und eine gemeinsame Verwaltung von
Ländern und Sozialversicherung für die Mittel der ambulanten
Versorgung. Klimek warnte , dass Europa beim Aufbau einer
datenbasierten Gesundheitswirtschaft ins Hintertreffen zu geraten
drohe – nicht aus technischen, sondern aus politischen und
strategischen Versäumnissen. Wer zu spät komme, so Klimek, überlasse
Gesundheitsdaten Amazon und Google.
Alexander Biach, Generaldirektor der SVS, sieht große
Effizienzpotenziale im ambulanten Bereich: „60 Prozent der Patient*
innen in Spitalsambulanzen könnten mit gezielter Steuerung und
Nutzung bestehender Tools wie 1450 im niedergelassenen Bereich
versorgt werden.“ Doch die Finanzierung bremse: „Solange
Spitalsambulanzen pauschal bezahlt werden, fehlt der Anreiz,
günstiger zu steuern.“ Er unterstützt daher den Vorschlag von
Hofmarcher-Holzhacker, die Verantwortung gemeinsam zu organisieren.
Zudem forderte Biach ein Umdenken bei Patient*innen: „Wir müssen weg
von der Vollkasko-Mentalität.“ Gleichzeitig brauche es mehr Vertrauen
in digitale Lösungen, die unser System effizienter und zukunftsfit
machen können.
Der Demografie-Gipfel machte die Dringlichkeit von Reformen in
der Gesundheitspolitik deutlich. Heinisch betonte: „Die demografische
Dynamik ist bekannt und ihre Folgen weitreichend – daher ist es
nötig, die Zukunft zu verstehen, Lösungen zu finden und entsprechend
zu handeln.“
Vinzenz Gruppe: Gesundheit kommt von Herzen
Die Vinzenz Gruppe ist eines der größten gemeinnützigen
Gesundheits- und Sozialunternehmen Österreichs. Von der Prävention,
über den klinischen Bereich bis hin zu Pflege und Rehabilitation
begleiten wir die Menschen in allen Lebensphasen mit einem
vielfältigen Angebot und innovativen neuen Lösungen.
1995 von Ordensfrauen mit langer Tradition und Erfahrung in der
Krankenpflege gegründet, verbinden wir tief verwurzelte christliche
Werte mit jeder Menge Innovationsgeist, um die Gesundheitsversorgung
Österreichs in Zeiten der Veränderung ganzheitlich
weiterzuentwickeln.
Mit rund 12.000 Mitarbeiter*innen in unseren Krankenhäusern, in
den zahlreichen Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen sowie mit
neuen Angeboten wie unseren Gesundheitsparks begleiten wir immer mehr
Menschen immer individueller bei Gesundheitsfragen & Krankheit,
analog und digital.
Weil wir überzeugt sind, dass in Zukunft die besten Angebote aus
der Kraft eines inspirierenden Miteinanders entstehen, betreiben wir
immer mehr Angebote gemeinsam mit unseren Partner*innen. Dafür suchen
wir laufend neue Kooperationen. Denn eine neue Welt der Gesundheit
und des Sozialen, entsteht erst im Miteinander. Ermächtigt die
Menschen. Und kommt von Herzen.
www.vinzenzgruppe.at