Wien (OTS) – Wohnraum mit Geschichte: Im Goethehof wurden 1938 mehr
als 130
Bewohner*innen aus ihren Wohnungen vertrieben – sie wurden verfolgt,
weil sie jüdisch waren oder sich politisch gegen den
Nationalsozialismus stellten. An diese Menschen, ihre Biografien und
ihr Umfeld erinnert nun die temporäre Ausstellung „Auch das waren
wir“ im Community-Museum Goethehof. Zur Eröffnung am 5. November 2025
um 18:00 Uhr laden Wiener Wohnen und die wohnpartner gemeinsam mit
den Ausstellungsmachern Alexander Martos und Niko Wahl von „science
communications research“ sehr herzlich ein.
„Die Ausstellung ‚Auch das waren wir‘ ist – wie das Erinnerungs-
und Forschungsprojekt ‚Der Gemeindebau in der NS-Zeit‘ insgesamt –
ein starkes Zeichen gegen Vergessen und Gleichgültigkeit. Dass sich
die heutigen Mieter*innen mit der Geschichte ihres Hofes und dem
Leben verfolgter und vertriebener Bewohner*innen auseinandersetzen,
macht diese Ausstellung besonders. Und ist eine Einladung an alle
Wienerinnen und Wiener in einem der bekanntesten Gemeindebauten der
Stadt dem Leben der Menschen nahezukommen, die in dieser dunklen Zeit
gnadenlos verfolgt und vernichtet wurden“, erklärt
Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.
Die Schau ist von 5. November bis 5. Dezember 2025 zu sehen. Sie
wurde gemeinsam mit Bewohner*innen und Nachbar*innen des Goethehofs (
der heute 784 Wohnungen umfasst) erarbeitet. Neben historischen
Hintergründen zeigt sie persönliche Geschichten ehemaliger Mieter*
innen und zeigt Verbindungen zur Gegenwart auf. Anlässlich der
Eröffnung werden temporäre Erinnerungszeichen an allen Stiegen des
Goethehofs angebracht, die an die aus ihren Wohnungen Vertriebenen
erinnern.
Bastion des Widerstandes: Zur Geschichte des Goethehofs
Der Goethehof (1929 bis 1930 errichtet) war als eine der letzten
Bastionen des Widerstandes gegen den austrofaschistischen Ständestaat
während der Februarkämpfe 1934 heftig umkämpft. Erst nach längerer
Zeit des Dauerbeschusses – zum Teil mit schwerer Artillerie –
besiegten Polizei und Armee diese Hochburg der Sozialdemokratie. Eine
den Verteidigern des Goethehofes gewidmete Gedenktafel wurde erst in
den 1980er-Jahren angebracht. Der ursprünglich nach dem
Montessoriprinzip geführte Kindergarten der Anlage wurde von
Österreichs einzigen Bauhaus-Schülern Friedl Dicker und Franz Singer
eingerichtet. Bereits 1934 zerstörten Vandalen einen Teil der
modernen Ausstattung, die noch heil gebliebenen Reste wurden 1938 per
“gesetzlicher Verordnung” vernichtet. Zu medialer Berühmtheit
gelangte die Wohnhausanlage in den 1990er-Jahren durch die beliebte
Fernsehserie “Kaisermühlenblues”, die den geschichtsträchtigen
Goethehof zu einem ihrer Schauplätze machte.
Eckdaten zur Eröffnung:
– Wann: Mittwoch, 5. November 2025, 18:00 Uhr
– Wo: Community-Museum Goethehof, Schüttaustraße 16, 1020 Wien
– Ausstellungsdauer: 5. November – 5. Dezember 2025
Öffnungszeiten, Dialogführungen & Kontakt:
Gesprächsführungen mit Bewohner*innen sind jeweils Mi & Do 17-19
Uhr, Fr 15-17 Uhr und Sa 10-12 Uhr nach Anmeldung unter T: 01/24 503
– 21080 oder [email protected] möglich.
Credits:
– Konzept & Kuratierung: Alexander Martos und Niko Wahl (Science
Communications Research)
– Architektur & Design: wienerhalle
– In Kooperation mit: Grätzlzentrum Kaisermühlen (wohnpartner wien)
und Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW)
– Im Auftrag von: Wiener Wohnen im Rahmen von „Nie vergessen“
Hintergrund: Der Gemeindebau in der NS-Zeit
Die Ausstellung „Auch das waren wir“ ist Teil des umfassenden
Erinnerungs- und Aufarbeitungsprojekts „Der Gemeindebau in der NS-
Zeit“, das Wiener Wohnen anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des
Zweiten Weltkriegs initiiert hat. In einer großangelegten Studie –
durchgeführt vom Dokumentationsarchiv des österreichischen
Widerstandes (DÖW) – wurde erstmals systematisch erforscht, was in
den Wiener Gemeindebauten zwischen 1938 und 1945 geschah: wie
jüdische Mieter*innen vertrieben, widerständige Bewohner*innen
verfolgt und die Wohnungen „arisiert“ wurden.
Diese wissenschaftlichen Ergebnisse werden durch zahlreiche
Vermittlungsprojekte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht
– darunter geführte Stadtrundgänge, Workshops für Schulen, eine
Buchpublikation im Böhlau Verlag und der Community-Ausstellung im
Goethehof.
Alle Informationen, Biografien und Veranstaltungstermine finden
sich auf der Projektwebsite nievergessen.wienerwohnen.at