Wien (OTS) – Der Unabhängige Beirat der Ermittlungs- und
Beschwerdestelle
Misshandlungsvorwürfe (EBM-Beirat) hat Innenminister Gerhard Karner
heute eine Empfehlung zur Verbesserung des Einsatzes von Body Worn
Cameras (BWC) bei der Polizei übermittelt. Die Empfehlung Nr. 2 wurde
im Rahmen eines anlassbezogenen Zwischenberichts beschlossen und
empfiehlt konkrete Anpassungen, um die neutrale und objektive
Beweiskraft der BWC-Aufnahmen in Rechtsschutzverfahren
sicherzustellen.
Rechtsschutzverfahren auf vollständiges Bild gründen
Der EBM-Beirat begrüßt den flächendeckenden Einsatz von Bodycams
bei der Polizei als wichtigen Beitrag zur Deeskalation und zur
Sicherung objektiver Beweise. „Gerade bei der Aufklärung von
Misshandlungsvorwürfen sind Filmaufnahmen oft das einzige Mittel, um
den Ablauf von Amtshandlungen nachvollziehen zu können“, betont Dr.
Meinrad Handstanger, Vorsitzender des EBM-Beirats. Auch zur
Entlastung von Polizistinnen und Polizisten bei unzutreffenden
Vorwürfen können Bodycam-Aufnahmen entscheidende Beweise liefern.
Der Beirat sieht jedoch Verbesserungsbedarf bei der aktuellen
Praxis: Weder werden die entscheidenden Minuten vor einer Eskalation
dokumentiert, noch ist gewährleistet, dass das Verhalten der
beteiligten Beamtinnen oder Beamten vom Bild erfasst wird. „Wer die
Verhältnismäßigkeit einer polizeilichen Maßnahme beurteilen will,
braucht ein vollständiges Bild – sowohl inhaltlich als auch
zeitlich“, sagt Handstanger.
Der EBM-Beirat empfiehlt daher konkret, jede Ausübung von Befehls
– und Zwangsgewalt zu dokumentieren und die Kameras mit einer
Vorspeicherfunktion (‚Pre-Recording‘) auszustatten, um auch die
entscheidenden Momente vor einer Eskalation aufzuzeichnen. Zudem
sollte der Bildausschnitt so gewählt werden, dass auch das Verhalten
der handelnden Polizistinnen und Polizisten sichtbar ist.
Schutzpflichten des Misshandlungsverbots berücksichtigen
Der Einsatz von Körperkameras kann einen Eingriff in das Recht
auf Privatleben gefilmter Personen darstellen, dieser ist möglichst
schonend auszugestalten. Gleichzeitig legt das Misshandlungsverbot
nach Art 3 EMRK den Vertragsstaaten positive Schutzpflichten auf – es
müssen wirksame Vorkehrungen getroffen werden, um Misshandlungen zu
verhindern und aufklären zu können. Eine sachlich nicht
gerechtfertigte Einschränkung der Aufnahmen könnte selbst eine
Verletzung von Artikel 3 EMRK darstellen. „Dem Verbot der Folter oder
unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung kommt besondere
Bedeutung zu – es gilt absolut, ist also abwägungsfest, und kann auch
im Notstand nicht ausgesetzt werden“, unterstreicht Handstanger.
Weitere Informationen und die vollständige Empfehlung des EBM-
Beirats sind abrufbar unter: https://www.bmi.gv.at/418/start.aspx .