Wien (OTS) – Die österreichischen energieintensiven Unternehmen
wenden sich in
einem offenen Brief an die Bundesregierung mit der dringenden Bitte,
für faire und wettbewerbsfähige klimapolitische Rahmenbedingungen zu
sorgen. Angesichts steigender CO₂-Kosten und ambitionierter EU-
Vorgaben fordern die Betriebe eine Verlängerung der Freizuteilung von
Emissionsrechten, um die klimafreundliche Transformation fortsetzen
und gleichzeitig tausende Arbeitsplätze sowie die industrielle
Wertschöpfung im Land sichern zu können.

Hier finden Sie den offenen Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung,

die energieintensiven Unternehmen unseres Landes und ihre
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden sich an Sie mit dem
dringenden Ersuchen, sich für wettbewerbsgerechte klimapolitische
Rahmenbedingungen einzusetzen.

Schon heute investieren unsere Unternehmen in erheblichem Umfang
in klimafreundliche Technologien und Prozesse. Gleichzeitig ist die
Herstellung energieintensiver Güter wie beispielsweise Stahl,
Aluminium oder Papier absehbar bedroht vom EU-Emissionshandel, der zu
hohen Kosten führt, die es sonst kaum irgendwo auf der Welt gibt.
Konkret gilt es daher die Freizuteilung von Emissionsrechten für die
Industrie in Europa und in Österreich zu verlängern, um damit die
klimafreundliche Transformation der betroffenen Industrieanlagen
weiter zu ermöglichen und den heimischen Standort abzusichern.

Die aktuellen Vorgaben der EU mit einem Reduktionspfad im EU-
Emissionshandel hin zu Nullemissionen um das Jahr 2040 sowie die
übereilte schrittweise Abschaffung kostenloser Emissionen (
„Gratiszuteilung“) bereits bis 2034 stellt für viele Unternehmen eine
praktisch nicht lösbare Herausforderung dar. Die für die
Transformation erforderlichen Voraussetzungen – großflächige
Verfügbarkeit von CO2-armem Strom und Wasserstoff zu
wettbewerbsfähigen Preisen, Infrastruktur, ein marktfähiges
Carbonmanagement-System entlang der gesamten Wertschöpfungskette und
ein vergleichbares Ambitionsniveau wichtiger Wettbewerbsregionen
weltweit – werden bis Mitte der 2030er Jahre schlicht nicht gegeben
sein. Dazu muss angemerkt werden, dass diese Voraussetzungen
praktisch innerhalb von zwei Investitionszyklen geschaffen werden
müssten, was angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der
bürokratischen Belastungen – etwa Genehmigungen – als nicht
realistisch eingeschätzt werden muss.

Die drohende, rasch steigende CO2-Kostenbelastung führt dazu,
dass die notwendigen finanziellen Mittel für die angestrebte
Transformation fehlen. Die durch die Verknappung von CO2-Zertifikaten
zusätzlich entstehenden CO2-Kosten übersteigen in vielen Fällen die
finanziellen Möglichkeiten der Unternehmen. Sie gefährden damit aber
nicht nur die klimafreundliche Umstellung der Produktion, sondern die
Wettbewerbsfähigkeit der industriellen Basis in Europa und in
Österreich insgesamt und damit viele tausend Arbeitsplätze in den
energieintensiven Branchen sowie deren Wertschöpfungsketten.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Damen und Herren
der Bundesregierung, wie Sie wissen, wird derzeit auf europäischer
Ebene das Klimaziel 2040 verhandelt. Es wird diskutiert, ob die
bestehenden Klimaziele der EU trotz äußerst schwieriger
wirtschaftlicher Rahmenbedingungen durch ein extrem ambitioniertes
Zwischenziel bis zum Jahr 2040 noch weiter verschärft werden. Dies
bietet die Gelegenheit, die Zustimmung Österreichs zu einem solchen
verschärften Ziel im Interesse unseres Landes zu hinterfragen und
strikt an die Umsetzung wettbewerbsfitter Rahmenbedingungen für die
energieintensive Industrie zu knüpfen – wie sie im Übrigen auch
seitens Deutschlands eingemahnt werden. Dazu fordern wir Sie heute
als bedeutende energieintensive Unternehmen in Österreich und ihrer
Beschäftigten eindringlich auf.

In unmittelbarem Zusammenhang mit dem EU-Ziel rufen wir in
Erinnerung, dass bereits ein einseitiges österreichische Ziel einer
Klimaneutralität 2040 – ganze zehn Jahre früher als die EU – den
Standort massiv belasten würde. Angesichts eines gemeinsamen EU-Ziels
würden damit andere Mitgliedsstaaten profitieren.

Für die österreichische und europäische energieintensive
Industrie kann die Transformation nur dann erfolgreich sein, wenn
Arbeitsplätze an den heimischen Standorten gesichert bleiben – sowohl
für die aktuelle Belegschaft als auch für kommende Generationen. Ohne
ein stabiles soziales Fundament drohen soziale Verwerfungen in den
Mitgliedstaaten und in der gesamten EU, die sich niemand wünschen
kann. Die Entscheidung über Wohlstand und Beschäftigung und eine
gelingende Transformation der energieintensiven Industrie fällt
jetzt.

Mit freundlichen Grüßen

DI Herbert Eibensteiner
CEO voestalpine AG
Vorsitzender der Plattform

Manfred Hippold
Zentralbetriebsratsvorsitzender der voestalpine AG

Dr. Kurt Maier
Vorsitzender der Plattform
Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark

Hon.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Helmut Kaufmann
CEO AMAG Austria Metall AG

Günter Mikula
Konzernbetriebsrat AMAG Austria Metall AG

DI Christian Skilich, MBA, LL.M.
Chief Pulp and Chief Technology Officer Lenzing AG

Mag. Heimo Berger
Geschäftsführer Leube Gruppe

Othmar Danninger
Konzernbetriebsrat Leube Gruppe

Stefan Borgas
CEO RHI Magnesita GmbH

Dr. Manfred Hartinger
Sappi Austria Produktions-GmbH & Co. KG

Ing. Christian Wersonik
Chairman of the Works Council Sappi Europe

Mag. Günter Hochrathner
CEO Smurfit Westrock Nettingsdorf AG & Co KG

Thomas Huber
Vorsitzender Arbeiterbetriebsrat
Smurfit Westrock Nettingsdorf AG & Co KG

Dr. Markus Ritter
CEO Stahl- u. Walzwerk Marienhütte GmbH

René Kniewallner
Vorsitzender Arbeiterbetriebsrat Stahl- u. Walzwerk Marienhütte GmbH

Ing. Harald Bischof
Vorsitzender Angestelltenbetriebsrat Stahl- u. Walzwerk Marienhütte
GmbH

Dr. Heimo Scheuch
CEO Wienerberger AG

Gerhard Seban
Head of European Works Council / Central Works Council

Mike Resincek, Msc
CEO/CFO Zellstoff Pöls AG

Gerhard Rappitsch
Vorsitzender Arbeiterbetriebsrat Zellstoff Pöls AG