St. Pölten (OTS) – Mit hochkarätigen Gästen wie dem bulgarischen
Premierminister Rossen
Jeliazkov, dem Premierminister von Moldau Dorin Recean, dem
ehemaligen Vizekanzler Deutschlands Sigmar Gabriel sowie dem
Philosophen Peter Sloterdijk ist heute, Freitag, der dritte und
letzte Tag des diesjährigen Europa-Forums Wachau zu Ende gegangen.
Die Veranstaltung stand heuer unter dem Motto „Facing Challenges –
Embracing Visions“ und auch unter dem Eindruck des Amoklaufs in Graz,
des Krieges in der Ukraine und der Eskalation zwischen Israel und dem
Iran.

„Europa muss in der Migrationsfrage endlich handlungsfähig
werden“, sprach Mikl-Leitner sich dafür aus, „die Europäische
Menschenrechtskonvention weiterzuentwickeln“. Die Welt habe sich
„radikal verändert“, und daher müsse man „endlich dazu in der Lage
sein, Migranten abzuschieben – vor allem jene, die schwere Straftaten
begehen.“

Im Blick auf den Angriff Russland auf die Ukraine betonte die
Landeshauptfrau: „Europas Platz ist an der Seite der Ukraine.“ Europa
müsse aber „militärische und ökonomische Stärke zeigen“, denn „wenn
wir Putin heute nicht standhalten, zahlen wir morgen einen noch
höheren Preis, nicht in Euro, sondern mit unserer Sicherheit.“

Das Europa-Forum Wachau finde heuer unter schwierigen Umständen
statt, sprach Bundeskanzler Christian Stocker u. a. die tragischen
Ereignisse in Graz an und bedankte sich für „die Solidarität und das
Mitgefühl aus ganz Europa“. Das Europa-Forum sei „ein wichtiger Ort
des europäischen Dialoges“ und die EU für Österreich „von enormer
Bedeutung“, zeigte er sich überzeugt. Gerade in einer Zeit, in der
sich die Welt dramatisch verändere, werde die Bedeutung der EU
besonders deutlich, so Stocker. Aber Europa stehe vor großen
Herausforderungen, nannte er die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit,
die Lösung der Migrationsfrage sowie den Einsatz für Frieden in
Europa und der Welt. In der Migrationsfrage sprach er sich dafür aus,
„auch neue Diskussionen anzustoßen“, es gehe nicht darum, die
Menschenrechte in Frage zu stellen, sondern darum, die Auslegung der
Konvention weiterzuentwickeln und „an die Erfordernisse unserer Zeit
anzupassen“. Stocker: „Wer hier leben will, muss unsere Werte,
Prinzipien und Regeln akzeptieren. Das ist eine Grundvoraussetzung
für ein friedliches Zusammenleben.“

Der bulgarische Premierminister Rossen Jeliazkov brachte
angesichts der tragischen Ereignisse in Graz seine Solidarität zum
Ausdruck. Europa sei „ein Platz in der Welt, wo die Tugenden der
Humanität und die Werte der Menschheit jahrhundertelang geschmiedet
wurden“, hielt er fest. Bulgarien und Österreich „teilen Werte
miteinander“, und „das Herzstück unserer Werte ist die Demokratie,
sind Rechtsstaatlichkeit und Zusammenarbeit.“ Im Blick nach vorne sei
es wichtig, „Einheit im Geiste der Solidarität zu demonstrieren“,
etwa auch wenn es darum geht „unsere Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu
erhalten, ohne unsere soziale Vision zu zerstören“.

Für mehr Ressourcen etwa für die Forschung sprach sich Dorin
Recean, Premierminister der Republik Moldau, aus. Die Republik Moldau
teile die Vision der Europäischen Union und das Ziel, für den Frieden
des Kontinents zu sorgen. Auch „auf der operativen Ebene“ teile man
„die Besorgnisse, was Unternehmertum, Produktivität und
Wettbewerbsfähigkeit betrifft“. Hier gehe es auch darum, mit Hilfe
von Innovationen und Digitalisierung „eine smarte Bürokratie
aufzubauen“.

Sigmar Gabriel, der ehemalige Vizekanzler Deutschlands, sprach
von einer „Zeitenwende“, die Welt habe sich vollständig verändert,
die Nachkriegsordnung sei verschwunden. Europa stehe quer zu den
Vorstellungen der jetzigen amerikanischen Administration; für die
„Institution Europa“ werde es „eine schwierige Zeit“ werden, meinte
er. Europa müsse „wesentlich pragmatischer sein im Umgang mit
Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt“, forderte er.

„Wir müssen die Globalisierung gestalten, sonst wird sie uns
gestalten“, sagte Andreas Schaal, der OECD-Direktor für globale
Beziehungen und Kooperationen und OECD-Sherpa für G7 und G20. Die
OECE soll ein „Forum für Dialog und Zusammenarbeit sowie für globale
Standards“ bieten, betonte er: „Wir haben nicht die Alternative, die
Globalisierung nicht zu gestalten.“

Der Philosoph und Kulturwissenschaftler Peter Sloterdijk blickte
zurück in die Geschichte, auch früher schon habe es „Großkollektive“
gegeben, verwies er etwa auf das römische Reich und auf Parallelen
aus der Historie bis hin zur Aeneis von Vergil. „Wir sind frei, aus
der Geschichte unsere Folgerungen zu ziehen“, hielt er fest.

Der neue Präsident des Europa-Forums, Michael Linhart, zeigte
sich überzeugt davon, dass „die Schönheit des Stiftes einen großen
Beitrag leistet zum Erfolg unserer Begegnungen hier“. In den letzten
beiden Tagen habe man sich auf die Sicherheitspolitik konzentriert,
heute gehe es vor allem auch um die geopolitische Rolle Europas. Es
gebe große Herausforderungen und auf diese müsse man die richtigen
Antworten finden.

Patrick Schöder, Abt des Stiftes Göttweig, sprach in seinen
Begrüßungsworten von „herausfordernden Veränderungen“, das Stift
Göttweig sei dabei „Stätte des Dialogs“ und ein „Ort der Begegnung“.
Dies sei von großer Bedeutung in einer Zeit, „in der die Spannungen
wieder steigen“. Er wünsche „den Mut, den wir brauchen, um die
Herausforderungen anzunehmen und für Visionen offen zu sein“.