Wien (PK) – Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats hat heute
die
Beratungen über das U-Ausschuss-Verlangen der FPÖ aufgenommen. Mit
dem sogenannten “ÖVP-Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss” wollen
die Freiheitlichen zum einen die Ermittlungen rund um den Tod des
ehemaligen Spitzenbeamten im Justizministerium Christian Pilnacek und
zum anderen den behördlichen Umgang mit Corona-Demonstrationen und
“regierungs- und maßnahmenkritischen Bürgern” durchleuchten. In
beiden Fällen orten die Freiheitlichen unzulässige politische
Einflussnahmen, wobei sie vor allem die ÖVP im Visier haben. Eine
Entscheidung über das weitere Vorgehen ist heute noch nicht gefallen:
Die Beratungen wurden auf Antrag von ÖVP-Abgeordnetem Wolfgang Gerstl
einstimmig vertagt. Laut Ausschussobmann August Wöginger soll die
Entscheidung im Juli – rund um die nächste Plenarwoche – fallen.
Grünes Licht gab der Geschäftsordnungsausschuss hingegen für zwei
Fünf-Parteien-Anträge, die in Zusammenhang mit dem bevorstehenden
Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes stehen und erst
gestern eingebracht worden waren. Dabei geht es zum einen um eine
Novellierung der Geschäftsordnung des Nationalrats und zum anderen um
notwendige Anpassungen im Informationsordnungsgesetz und im
Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz.
U-Ausschuss: Prüfung des Untersuchungsgegenstands läuft noch
Grundsätzlich ist die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
ein parlamentarisches Minderheitsrecht. Ein Viertel der Abgeordneten
reicht aus, um einen U-Ausschuss in die Wege zu leiten. Allerdings
sind, was den Untersuchungsgegenstand betrifft, gewisse
verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten. So muss es sich dabei um
einen “bestimmten abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung
des Bundes” handeln.
Während sich FPÖ-Abgeordneter Norbert Nemeth im Ausschuss davon
überzeugt zeigte, dass der von seiner Fraktion verlangte ÖVP-
Machtmissbrauch-Untersuchungsausschuss ( 1/US ) allen rechtlichen
Vorgaben entspricht, äußerte ÖVP-Abgeordneter Gerstl Zweifel. Seine
Fraktion überprüfe gerade den Sachverhalt, sei damit aber “noch nicht
fertig”, sagte er und begründete damit den Vertagungsantrag.
Rechtlich gesehen hat der Geschäftsordnungsausschuss noch weitere
vier Wochen Zeit für einen Bericht an das Plenum, nachdem er die
Beratungen heute innerhalb der geltenden vier-Wochen-Frist
aufgenommen hat. Laut Gerstl soll diese zweite vierwöchige Frist aber
nicht zur Gänze ausgeschöpft werden. Spätestens in der letzten
Nationalratssitzung vor dem Sommer – am 10. oder 11. Juli – soll ihm
zufolge über das Ergebnis der Ausschussberatungen diskutiert werden.
Das bekräftigte auch Ausschussvorsitzender August Wöginger.
Macht der Geschäftsordnungsausschuss mehrheitlich Einwände gegen
den Untersuchungsgegenstand geltend, kann sich die FPÖ an den
Verfassungsgerichtshof (VfGH) wenden. Anderenfalls sind vom Ausschuss
die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses festzulegen, der
grundsätzliche Beweisbeschluss zu fassen sowie Verfahrensrichter:in
und Verfahrensanwält:in zu wählen. Das gilt auch, falls er Teile des
Untersuchungsgegenstands durchwinkt.
Einhellige Zustimmung zur Änderung der Geschäftsordnung
Ohne Debatte haben eine Novelle zum Geschäftsordnungsgesetz des
Nationalrats ( 322/A ) sowie Änderungen im Informationsordnungsgesetz
und im Parlamentarischen Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnengesetz (
323/A ) den Ausschuss passiert. Die Abgeordneten stimmten der
Anpassung dieser drei Gesetze an das ab September geltende Grundrecht
auf Informationsfreiheit zu.
Zum einen geht es dabei um die Veröffentlichung von Informationen
von allgemeinem öffentlichen Interesse, zu der künftig nicht nur die
öffentliche Verwaltung verpflichtet ist, sondern auch der Nationalrat
und der Bundesrat. In Bezug auf den Nationalrat sollen entsprechende
Veröffentlichungen laut GOG-Novelle auf der Website des Parlaments
erfolgen. Verantwortlich dafür ist der Nationalratspräsident – bzw.
die Nationalratspräsidentin -, wobei dieser laut Antrag dazu
angehalten ist, Rücksprache mit den Mitgliedern der
Präsidialkonferenz zu halten. Dabei geht es nicht um einzelne
Veröffentlichungen, sondern insbesondere um die Frage, welche Arten
von Informationen in welcher Form künftig zusätzlich bereitgestellt
werden sollen. Großen Änderungsbedarf sehen die Abgeordneten
allerdings nicht: Über die Parlaments-Website seien schon jetzt
weitreichende Informationen verfügbar, damit bestehe schon seit
langem Transparenz, wird in den Erläuterungen angemerkt.
Der zweite Antrag sieht insbesondere begriffliche Anpassungen im
Informationsordnungsgesetz und im Parlamentsmitarbeiterinnen- und
Parlamentsmitarbeitergesetz vor. So wird statt auf
“Verschwiegenheitspflichten” auf “Geheimhaltungspflichten” verwiesen.
Außerdem wird Vorsorge dafür getroffen, dass vertrauliche und geheime
Dokumente, die das Parlament erhält, weiter entsprechend
klassifiziert werden können.
Zu Beginn der Sitzung war Abgeordneter Philip Kucher zu einem der
drei Obmann-Stellvertreter:innen des Ausschusses gewählt worden. (
Schluss) gs