Wien (OTS) – Anlässlich der ersten 100 Tage der Bundesregierung
vergangene Woche
fordert die Industriellenvereinigung (IV) entschlossenes Handeln ein:
Österreich müsse jetzt das „Reformmomentum“ nutzen und strukturelle
Themen konsequent und mutig angehen. „Wir sehen erste Schritte in die
richtige Richtung bei der Budgetsanierung, diese können jedoch nur
der Auftakt sein“, betont IV-Präsident Georg Knill. „Österreich steht
in einem intensiven globalen Standortwettbewerb. Gute Absichten
reichen nicht – ausschlaggebend sind Reformfähigkeit und
Umsetzungskraft“, erklärt Knill. „Während Österreich im aktuellen IMD
-Wettbewerbsfähigkeitsranking auf Rang 26 liegt, befindet sich
Dänemark seit Jahren unter den führenden Ländern. Das zeigt: Es
braucht strukturelle Veränderung, wenn wir langfristig
wettbewerbsfähig bleiben wollen.
Pensionen: Tragfähigkeit durch Systemreform sichern
Die IV verweist insbesondere auf vergleichende Analysen zwischen
Österreich und Dänemark, die zahlreiche strukturelle Unterschiede
aufzeigen. So macht etwa das dänische Pensionssystem mit einem Drei-
Säulen-Modell aus steuerfinanzierter Grundrente und starke
Kapitaldeckung deutlich, wie langfristige Entlastung des
Staatshaushalts erreicht werden kann. In Österreich dagegen beruhen
die Pensionsausgaben weiterhin fast ausschließlich auf dem
umlagefinanzierten System. „Wir brauchen eine ehrliche Debatte über
unser Pensionssystem. Derzeit gibt Österreich 13,3 % seiner
Wirtschaftsleistung für Pensionen aus – in Dänemark sind es nur rund
9,3 %. Warum? Weil man dort rechtzeitig auf ein mehrsäuliges System
umgestellt und das gesetzliche Antrittsalter an die Lebenserwartung
gekoppelt hat. Wer auch in Zukunft verlässlich absichern will,
braucht jetzt strukturelle Reformen statt Scheindebatten. Unser Ziel
muss sein, das Pensionssystem langfristig tragfähig zu gestalten,
durch eine Anhebung des gesetzlichen und faktischen Antrittsalters,
Anreizmodelle für längeres Arbeiten sowie eine Stärkung der
kapitalgedeckten Vorsorge.“
Arbeitszeitvolumen stärken: Kinderbetreuung als Schlüssel
Darüber hinaus betont Knill die Bedeutung von
Arbeitszeitentwicklung, während in Österreich die Zahl der
Beschäftigen stetig steigt, so stagniert das Gesamtvolumen der
Arbeitszeit. Ein Grund dafür ist die hohe Teilzeitquote in
Österreich, besonders bei Eltern mit kleinen Kindern. Eine
Stellschraube kann der Ausbau einer flächendeckenden Kinderbetreuung
sein, so ist die Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren in
Dänemark bei rund 67 %, in Österreich lediglich bei 27 %. Die
Teilzeitquote von Müttern mit Kleinkindern beträgt in Österreich 71 %
, in Dänemark hingegen nur 23 %. „Wer das Fachkräftepotenzial
wirklich ausschöpfen will, muss Kinderbetreuung strukturell und
flächendeckend ausbauen. Das ist kein sozialpolitisches Thema,
sondern eine standort- und wirtschaftspolitische Notwendigkeit“, so
Knill.
Schlanke Strukturen und digitale Verwaltung als Standortvorteil
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer unterstreicht, dass
strukturelle Effizienz auch in der Staatsorganisation und Verwaltung
notwendig sei. „Dänemark hat 2007 seine Verwaltung neu gegliedert und
seither die Staatsausgabenquote deutlich gesenkt – von über 58 % auf
46,8 % des BIP. Österreich liegt weiterhin bei über 52 %.“
Als Ursache nennt Neumayer komplexe Zuständigkeitsverteilungen
und Mehrfachstrukturen: „Während Dänemark mit fünf Regionen und 98
Kommunen operiert, verwaltet Österreich mehr als 2.000 Gemeinden, 94
Bezirke und neun Länder – vielfach mit überlappenden Zuständigkeiten
und hohem Mitteleinsatz. Es geht nicht darum, bestehende Strukturen
infrage zu stellen, sondern um eine konsequente Effizienzprüfung und
Digitalisierungsoffensive.“
Die Digitalisierung sei dabei nicht nur ein Modernisierungsthema,
sondern ein klarer Wettbewerbsfaktor. „Dänemark ist europaweit
führend in der digitalen Verwaltung. Mit einem einheitlichen
Zugangssystem (MitID), durchgängiger digitaler Kommunikation und
Plattformen ist der Behördenkontakt für Unternehmen und Bürger
einfach, schnell und kosteneffizient“, so Neumayer.
Österreich braucht Reformmut und Orientierung an Best Practice
Abschließend betont Knill: „Dänemark ist kein Idealbild, kann uns
aber Vorbild in zahlreichen Fällen sein und zeigt, dass Mut zur
Reform zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand führt. Österreich
hat das Potenzial, an der Spitze mitzuspielen – jetzt ist die Zeit
die Weichen dafür zu stellen.“