Wien (OTS) – Im Kampf gegen sogenannte „Parkplatzfallen“ – schlecht
gekennzeichnete Privatgrundstücke, bei denen nach kurzem Halten oder
Parken mit einer Klage gedroht und ein Geldbetrag gefordert wird –
haben der Prozesskostenfinanzierer Jufina und Stefanie Lamp (SPÖ),
Bezirksvorsteherin in Ottakring, einen gemeinsamen Lösungsvorschlag
präsentiert. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung würde
Parkplatzfallen als Geschäftsmodell unrentabel machen. Bei einer
Pressekonferenz stellten sie ein Auto mit der Aufschrift „Ich bin (k)
eine Besitzstörung“ in eine bekannte „Falle“ in Ottakring.

Einschüchterung als Geschäftsmodell

Das „Geschäftsmodell“ funktioniert so: Man kauft oder mietet eine
Fläche des ruhenden Verkehrs, wie verlassene Tankstellen oder
Parkflächen geschlossener Supermärkte, und kennzeichnet sie nur
schlecht sichtbar als Privatgrund. Sobald jemand dort hält, werden
Fotos angefertigt. Dann folgt ein Anwaltsbrief: Klagedrohung wegen
Besitzstörung. Ein Schuldspruch wäre teuer, die Verfahrenskosten
betragen 700 bis 900 Euro.

Doch die Kläger bieten einen Ausweg: Zahlt man sofort einen
Pauschalbetrag (meist 400 bis 500 Euro) und unterzeichnet dazu eine
Unterlassungserklärung, erspart man sich den Prozess. Zusätzlichen
Druck erzeugen oft mitgeschickte Unterlagen wie geschwärzte
Schuldsprüche in ähnlichen Fällen oder ÖAMTC-Mails, die scheinbar von
Gegenwehr abraten.

Stefan Schleicher, der als Vorstand des Prozesskostenfinanzierers
Jufina viele solcher Fälle betreut, sagt dazu: „ Das ist brutale
Einschüchterung. Oft handelt es sich gar nicht um eine Besitzstörung,
weil man etwa nur sehr kurz angehalten hat. Aber viele Betroffene
wollen schlicht kein Verfahren riskieren. Aus Angst zahlen sie den
Pauschalbetrag. So machen die ‚Fallensteller‘ ihren Umsatz. “

„Hydra“: Parkplatzfalle kehrte zurück

Über die Parkplatzfalle in der Hasnerstraße 128 und die damit
verbundene Klagewelle berichteten bereits zahlreiche Medien. Herr
Schleicher unterstützte mehrere Betroffene juristisch (siehe OTS „
Parkplatzfalle in Wien: Opfer dreht den Spieß um “),
Bezirksvorsteherin Lamp erreichte im Februar die Zwangsräumung der
klagenden Firma. Doch seit einigen Wochen ist die Falle zurück.

Dazu sagt Lamp: „ Zu mir kommen völlig verzweifelte Menschen mit
dem Drohbrief in der Hand. Wenn man angesichts der Teuerung kaum bis
zum Monatsende auskommt, sind die 500 Euro zum ‚Freikaufen‘ eine
schwere Belastung – und erst recht die 900 Euro bei einem verlorenen
Verfahren. Darum habe ich mich persönlich gegen die Falle eingesetzt.
Nachdem sie jetzt zurückgekommen ist, wurde Herrn Schleicher und mir
klar: Es bringt nichts, dieser ‚Hydra‘ immer nur einen Kopf
abzuschlagen. Es braucht eine echte, endgültige Lösung. “

Lösungsvorschlag: Verfahrenskosten für „Fallensteller“ auch bei
Schuldspruch

Um Parkplatzfallen zu bekämpfen – nicht nur in Wien, sondern
bundesweit – ist es laut Lamp und Schleicher notwendig, sie als
Geschäftsmodell unattraktiv zu machen. Zu diesem Zweck schlagen sie
vor, ein neues Kostenrisiko für die Fallensteller zu schaffen: Kommt
es tatsächlich zu einem Gerichtsprozess über ihre
Besitzstörungsklage, sollen Gerichte künftig die Freiheit erhalten,
ihnen Verfahrenskosten (700 bis 900 Euro) zuzuteilen – unabhängig vom
Schuldspruch. Und zwar dann, wenn die Richterinnen und Richter ein
Profitinteresse hinter den Klagen erkennen.

Dieses Prinzip nennt sich „Billigkeitsentscheidung“ (in
Deutschland „Gerechtigkeitsentscheidung“) und wird in Österreich
beispielsweise bei Verfahren wegen überhöhter Mieten angewandt. In
der Praxis würde es bei Parkplatzfallen bedeuten: Selbst wenn rein
formaljuristisch eine Besitzstörung vorliegt, könnte das Gericht
unabhängig davon feststellen, ob die Klage als legitimer Schutz von
Besitz – wie einer verparken Ausfahrt – oder als Teil eines
Geschäftsmodells eingebracht wurde. Kriterien dafür wären etwa,
welches Ausmaß die Störung tatsächlich hatte, ob auffallend viele
Fälle am selben Ort zusammenkommen (wie bei der Hasnerstraße 128)
oder ob der Privatgrund nur minimal ausgeschildert ist. In so einem
Fall können Gerichte den Klägern zwar Recht geben, ihnen aber
trotzdem Verfahrenskosten zusprechen.

„Somit wäre das Geschäftsmodell nicht mehr in jedem Fall rentabel
– und daher schlicht uninteressant“, so Schleicher. „ Viele
Fallensteller würden es gar nicht mehr versuchen. Das würde
schlussendlich auch unsere Gerichte entlasten, die sich derzeit mit
vielen solcher Fälle befassen müssen. “ Laut den jüngsten Zahlen des
Landesgerichts gab es in Wien 2023 insgesamt 2.869
Besitzstörungsklagen. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher
liegen, da jene Betroffene nicht eingerechnet werden, die den
Pauschalbetrag gleich zahlen – denn so kommt es nie zur Klage.

Bundesregierung versprach Schritte gegen „Abzocke bei
Besitzstörung“

Zuständig für diese Reform ist das Justizministerium: Es kann
„Geschäftemacherei“ in die Kriterien für gerichtliche
Billigkeitsentscheidungen mit aufnehmen. Und tatsächlich versprach
die Bundesregierung in ihrem Programm „Maßnahmen gegen Abzocke bei
Besitzstörung und gegen Abmahnmissbrauch“.

Dazu Lamp: „ Die Bundesregierung hat die Chance, dieses
Geschäftsmodell zu beenden. Wir haben unseren Vorschlag bereits an
sie übergeben und stehen im Austausch. Denn es darf sich niemals
auszahlen, das Recht derart zu missbrauchen und Menschen brutal
einzuschüchtern. Dafür werden wir beide uns weiterhin einsetzen. “

Webtipp: https://jufina.at/

Über Jufina:

Die 2022 gegründete JUNO Finanz AG (Jufina) ist ein
österreichisches Unternehmen, das auf Prozessfinanzierung
spezialisiert ist. Jufina übernimmt bei Rechtsstreitigkeiten das
Kostenrisiko und erhält im Erfolgsfall einen vorher vereinbarten
Anteil des Streiterlöses. Das Unternehmen hat sich das Ziel gesetzt,
die Durchsetzung von Rechtsansprüchen für alle zugänglich zu machen.
Neben dem Kampf gegen überhöhte Altbaumieten durch ihre
Tochterunternehmen Miet-Bremse.at zählt u. a. die Rückholung von
unzulässigen Kreditbearbeitungsgebühren oder Online-Casinoverlusten
über casinoverluste.com zu den Tätigkeitsfeldern der Jufina.