Wien (OTS) – „Mit Alfred Brendel verliert die Welt nicht nur einen
der
bedeutendsten Pianisten des 20. Jahrhunderts, sondern auch einen
wachen Geist, feinsinnigen Literaten und tiefgründigen Denker über
Musik. Brendel war ein Künstler, der sich nie dem schnellen Effekt,
sondern stets der Wahrheit der Musik verpflichtet fühlte“, erklärt
Gemeinderat Karl Mahrer, Kultursprecher der Wiener Volkspartei,
anlässlich des heutigen Ablebens des großen österreichischen
Pianisten.
Brendel wurde 1931 in Wiesenberg (Nordmähren) geboren und wuchs
unter anderem in Zagreb und Graz auf. Anders als viele seiner
Kolleginnen und Kollegen stammte er nicht aus einem musikalischen
Elternhaus, sondern entwickelte sein Können weitgehend
autodidaktisch. Bereits im Alter von 16 Jahren schloss er seine
formale Klavierausbildung ab, es folgten einige Meisterkurse – etwa
bei Edwin Fischer. Mit dem Gewinn des Busoni-Wettbewerbs 1949 begann
eine weltumspannende Karriere, die Brendel mit seiner klaren
musikalischen Handschrift zu einem der gefragtesten Interpreten der
Wiener Klassik machte.
„Alfred Brendel war kein Virtuose im traditionellen Sinne.
Technik war für ihn immer nur Mittel zum Zweck – entscheidend war,
was Musik im jeweiligen Moment sagen will“, so Mahrer. Brendel war
der erste Pianist, der sämtliche Beethoven-Sonaten sowohl in
Konzerten aufführte als auch auf Tonträgern einspielte. „Seine
Aufnahmen mit Mozart-, Schubert- und Beethoven-Zyklen sind
musikalische Vermächtnisse von bleibender Gültigkeit“, so Mahrer
weiter.
Neben der Bühne war Brendel auch als Autor und Essayist tätig.
Seine literarischen Texte und musiktheoretischen Schriften zeugen von
feinem Humor, analytischer Tiefe und einem unnachahmlichen Gespür für
das Absurde im Alltäglichen. „Der ‘Philosoph am Flügel’ war ein
Künstler, der nie stehen blieb, der sich in Musik, Texten und Bildern
immer weiterentwickelte und dabei stets dem künstlerischen Gewissen
treu blieb“, betont Mahrer.
„Mit Alfred Brendel verliert Wien einen großen Sohn, Europa eine
Musikerpersönlichkeit von Weltrang und die Musikwelt eine leise, aber
eindrucksvolle Stimme. Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner
Familie und allen, die ihm persönlich und künstlerisch verbunden
waren“, so Mahrer abschließend.