Wien (PK) – Zum Schutz vor Konversionsmaßnahmen haben die Grünen ein
Gesetz
beantragt, welches heute nach erstmaliger Behandlung im
Gleichbehandlungsausschuss vertagt wurde. Die Regierungsparteien
arbeiten derzeit an einer eigenen Version eines Verbots von
derartigen Maßnahmen, die auf die Änderung der sexuellen Orientierung
oder Geschlechtsidentität abzielen, wie von Abgeordneten der drei
Koalitionsfraktionen heute im Ausschuss bestätigt wurde.
Die parlamentarische Auseinandersetzung mit weiteren Initiativen
der Oppositionsfraktionen soll ebenfalls zu einem späteren Zeitpunkt
weitergeführt werden. Das betrifft seitens der Grünen die Etablierung
eines runden Tisches zu Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen,
frauenpolitische Sofortmaßnahmen, den Ausbau der Gewaltambulanzen und
die Erhöhung des Frauenbudgets. Von der FPÖ gibt es Anträge zur
Erhöhung des Mädchenanteils an HTL und zur Reform des
Kindesunterhaltsrechts. Laut den Regierungsfraktionen soll
diesbezüglich künftig ein Unterhaltsgarantie-Fonds Abhilfe schaffen.
Grüne legen “Konversionsmaßnahmen-Schutz-Gesetz” vor
Konversionsmaßnahmen beziehungsweise konversiv-reparative
Praktiken werden irreführenderweise auch als “Konversionstherapien”
bezeichnet und sind Maßnahmen, die eine Veränderung der sexuellen
Orientierung oder der Geschlechtsidentität zum Ziel haben. Die
Durchführung solcher Maßnahmen soll gemäß des Gesetzesantrags der
Grünen ( 295/A ) bei vier Personengruppen verboten werden: bei
Minderjährigen, jungen Erwachsenen unter 21 Jahren bei Ausnützung
einer Zwangslage oder eines Mangels an Urteilsvermögen, bei nicht-
entscheidungsfähigen Personen bzw. wegen Gebrechlichkeit, physischer
oder psychischer Krankheit oder Beeinträchtigung wehrlosen Personen
sowie bei Vorliegen eines besonderen Autoritätsverhältnisses.
Als Strafe bei Verstößen schlagen die Grünen bis zu ein Jahr
Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagsätzen vor.
Auch ein Werbe- und Provisionsverbot ist im Gesetzesentwurf
vorgesehen. Darunter soll auch jegliche Form der Anbahnung fallen.
Verstöße sollen mit Geldstrafen von bis zu 30.000 Ꞓ geahndet werden.
Nicht vom Verbot umfasst sein sollen gemäß des Vorstoßes der
Grünen wissenschaftlich anerkannte Behandlungen von Störungen der
Sexualpräferenz oder sogenannten paraphilen Störungen, etwa
Pädophilie oder Voyeurismus. Auch fachlich fundierte
Behandlungsmöglichkeiten, deren Ziel die Steigerung des Selbstwerts
von lesbischen, schwulen, bisexuellen oder nicht-cisgender Personen
ist, sollen vom Gesetz unberührt bleiben.
Die betroffenen Menschen gehören wirksam vor “Pseudotherapie”
geschützt, erläuterte David Stögmüller (Grüne) das Anliegen.
Besonders im derzeit laufenden “Pride Month” sollte man ein Zeichen
setzen, meinte er. Der Antrag sei bereits in der letzten
Legislaturperiode mit der ÖVP verhandelt worden, aber leider
gescheitert, lies der Mandatar wissen. Es hätte keinen Konsens
bezüglich des Begriffs “Geschlechtsausdruck” gegeben, ergänzte Nico
Marchetti (ÖVP). Diesen undefinierten Begriff möchte seine Fraktion
nicht gesetzlich regeln. ÖVP, SPÖ und NEOS hätten sich bezüglich
eines Verbots von Konversionsmaßnahmen allerdings bereits im Rahmen
des Regierungsübereinkommens geeinigt. Es werde derzeit “legistisch
in Form gegossen”, so Marchetti. Auch Mario Lindner (SPÖ) berichtete
davon, dass man bereits in finaler Umsetzung sei und Henrike
Brandtötter (NEOS) zeigte sich zuversichtlich, bald eine gesetzliche
Lösung vorlegen zu können. Kleine Details müssten noch verhandelt
werden.
In Zusammenhang mit dieser Debatte vertagt wurde die Forderung
der Grünen nach der Abhaltung eines weiteren runden Tisches zu
Hassverbrechen gegen LGBTIQ+-Personen mit relevanten Stakeholdern
sowie Vertreter:innen von Justiz- und Innenministerium ( 305/A(E) ).
Den nationalen Aktionsplan gegen Hassverbrechen gelte es abzuwarten.
Forderung nach Ausbau der Gewaltambulanzen
Erneut vertagt wurde ein Entschließungsantrag der Grünen, womit
vielfältige frauenpolitische Sofortmaßnahmen ( 119/A(E) ) gefordert
werden. Neben einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten
Geburtstag und verpflichtenden Einkommensberichten für alle
Unternehmen ab 35 Mitarbeiter:innen im Sinne der Lohntransparenz
zielt die Initiative unter anderem auch auf den Ausbau von
Gewaltschutz und -präventionsmaßnahmen, Maßnahmen gegen Hass im Netz,
gendermedizinische Angebote und die Verbesserung des Mutterschutzes
bei Fehl- und Totgeburten ab. Laut Meri Disoski (Grüne) wäre eine
schnelle Umsetzung möglich.
Unter Verweis auf die bevorstehenden Budgetverhandlungen
ebenfalls vertagt wurden Initiativen der Grünen zur Erhöhung des
Frauenbudgets ( 310/A(E) ) und zum Ausbau der Gewaltambulanzen (
319/A(E) ). Dort können sich Opfer von Gewalt kostenfrei untersuchen
lassen, wobei Verletzungen dokumentiert und Spuren gesichert werden,
um bei einem späteren Gerichtsverfahren als Beweise zu dienen. Neben
den bereits eröffneten Zentren in Graz und Wien sollten finanzielle
Mittel für alle Bundesländer bereitgestellt werden, meinen die
Grünen. Gleichstellung sei im Doppelbudget 2025/26 leider generell
nachranging, so Meri Disoskis (Grüne) Ansicht. Frauenministerin Eva-
Maria Holzleitner versicherte, dass die Gewaltambulanzen budgetär
abgesichert sind. Dieses Angebot sei extrem wichtig, sagte sie.
Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) und Verena Nussbaum (SPÖ) pflichteten bei
und erinnerten an die geplante Ausrollung gemäß Regierungsprogramm.
Kindesunterhaltsrecht soll reformiert werden
Ebenfalls wegen geplanter Regierungsvorhaben vertagt wurde eine
FPÖ-Initiative zur Reform des Kindesunterhaltsrechts. Aus Sicht von
Rosa Ecker (FPÖ) sei diese angesichts der Armutsgefährdung von
Kindern und Alleinerziehenden längst überfällig. Konkret wird
gefordert, dass Verfahren im Zusammenhang mit Kindesunterhalt
beschleunigt werden sollen, staatliche Unterhaltsvorschüsse bis zum
Ende der Ausbildung des oder der Empfangenden gewährt und laufende
Unterhaltszahlungen bei Lohnpfändungen und Insolvenzverfahren
vorrangig behandelt werden ( 286/A(E) ).
Dass es wichtig sei, hierfür eine Regelung zu schaffen, meinte
auch Ausschussvorsitzende Sabine Schatz (SPÖ) und stellte eine
baldige Umsetzung in Aussicht, wobei die Materie im Justizministerium
angesiedelt sei. Die SPÖ-Mandatarin kam ebenso wie Johannes Gasser (
NEOS) auf den geplanten Unterhaltsgarantie-Fonds zu sprechen, für den
30 Mio. Ꞓ vorgesehen seien. Meri Disoski (Grüne) wertete diese
Dotierung als “Tropfen auf den heißen Stein”, da sie von einem
Budgetbedarf von 200 bis 300 Mio. Ꞓ ausgeht. Außerdem bedauerte sie,
dass die Familienleistungen in den nächsten beiden Jahren nicht
valorisiert werden.
FPÖ-Initiative zur Erhöhung des Mädchenanteils an HTL
In Höheren Technischen Lehranstalten seien den 7.256 männlichen
Absolventen im Vorjahr nur 3.222 weibliche Absolventinnen
gegenübergestanden, berichtete Lisa Schuch-Gubik (FPÖ) im Ausschuss.
Dieses “massive Ungleichgewicht” im technisch-gewerblichen Schulwesen
sei eine verpasste Chance für Wirtschaft und Gesellschaft. Gemäß des
heute allerdings vertagten Entschließungsantrags ( 284/A(E) ) sollten
den Kindern durch Vorträge, Schnuppertage oder Workshops praxisnahe
Einblicke in technische Ausbildungen und Berufe ermöglicht werden.
Dabei gehe es nicht um eine Verpflichtung, sondern frühzeitige
Förderung, so Schuch-Gubik. Auch ihre FPÖ-Fraktionskollegin Katayun
Pracher-Hilander bekräftigte das Anliegen.
Laut Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) würde es bereits eine Reihe
derartiger Angebote geben. Für Petra Oberrauner (SPÖ) wäre es
wichtig, mit der Ermutigung junger Mädchen bereits im
Kindergartenalter anzufangen und Meri Disoski (Grüne) sieht für das
“systemische Problem” Bedarf an Fortbildungen für das Lehrpersonal
und gendergerechten Schulbüchern. Henrike Brandstötter (NEOS) vertrat
die Ansicht, dass die FPÖ tradierte Rollenbilder aufrechterhält und
somit selbst Teil des Problems sei. FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker (
FPÖ) stellte dies in Abrede. (Fortsetzung Gleichbehandlungsausschuss)
fan