West-Lesbos/Wien (OTS) – Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20.
Juni fordert die
österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind einen
grundlegenden Kurswechsel in der Asyl- und Migrationspolitik – hin zu
einer solidarischen Aufnahme, menschenwürdigen Unterbringung und
aktiver gesellschaftlicher Teilhabe von Geflüchteten. „Flucht ist
kein Verbrechen, sondern ein Menschenrecht. Die Bundesregierung muss
auf sichere Fluchtwege, Integration und Mitbestimmung setzen, statt
auf Symbolpolitik und leere Ankündigungen“, erklärt Stefan Grasgruber
-Kerl, Kampagnenleiter bei Südwind. „Fluchtursachen zu bekämpfen
heißt: Klimagerechtigkeit, internationale Solidaritätsarbeit und
menschenrechtsbasierte Politik.“

Laut dem aktuellen UNHCR-Bericht sind weltweit über 120 Millionen
Menschen auf der Flucht – mehr als je zuvor. 43 Millionen Menschen
gelten als Geflüchtete außerhalb ihres Herkunftslandes. Die meisten
von ihnen finden Schutz in Nachbarländern des Globalen Südens. Nur
ein Bruchteil hat Zugang zu Asylverfahren in Staaten wie Österreich.

Zwtl.: Isolierte Lager erschweren unabhängige Kontrolle

Stellvertretend für die fehlgeleitete EU-Migrationspolitik ist
das neue Flüchtlingslager Vastria auf der griechischen Insel Lesbos.
Das Nachfolgelager des berüchtigten Camps Moria liegt inmitten eines
Hochrisikogebiets für Waldbrände und ist nur äußerst schwer
erreichbar für externe Beobachter. Hohe Sicherheitsmaßnahmen, eine
abgelegene Lage und mangelnde Infrastruktur verhindern, dass NGOs und
Medien Einblicke in die Zustände vor Ort bekommen. „Isolation schützt
nicht vor Missständen. Flüchtlingsaufnahme darf nicht an den Rand
gedrängt werden. Wir fordern offene, gut erreichbare Unterkünfte, die
soziale und rechtliche Betreuung ermöglichen und keine Lager im
Nirgendwo, die sich einer unabhängigen Kontrolle entziehen.
Gleichzeitig braucht es sichere und legale Fluchtwege in die EU, etwa
über Programme für humanitäre Aufnahme“, so Südwind Experte
Grasgruber-Kerl beim Lokalaugenschein auf der Insel anlässlich eines
europäischen Netzwerktreffens der Grenzgemeinden und –inseln (BTIN)
in der Gemeinde West-Lesbos.

Zwtl.: Scharfe Kritik an Bundesregierung

Vor diesem Hintergrund betrachtet Südwind die innenpolitischen
Angriffe auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) mit
großer Sorge. „ Der Schutz von Menschenrechten ist nicht
verhandelbar. Wer die Europäische Menschenrechtskonvention angreift,
sägt an einer tragenden Säule unserer Bundesverfassung “, sagt Stefan
Grasgruber-Kerl. „Was derzeit an politischer Rhetorik kursiert, ist
nicht nur unverantwortlich, sondern gefährlich und ebnet den Weg für
autoritäre Tendenzen.“

Ähnlich problematisch sieht Südwind die Bemühungen der
Bundesregierung gegen den Familiennachzug. „ Die
Familienzusammenführung ist ein Menschenrecht und kein Privileg.
Gleichzeitig schafft familiärer Rückhalt Stabilität und erleichtert
die Integration. Es ist schlimm genug, dass lange Verfahren und hohe
Hürden die Familienzusammenführung erschweren. Eine Aussetzung wäre
eine integrationspolitische Bankrotterklärung“ , meint Stefan
Grasgruber-Kerl.

Zwtl.: Politische Teilhabe statt Ausgrenzung

Ein Schlüssel zu gelungener Inklusion ist die gesellschaftliche
und demokratische Teilhabe. Südwind fordert daher mehr politische
Mitsprache für Geflüchtete und Migrant:innen. Mehrere Pilot-Projekte
zeigen einen großen gesellschaftlichen Mehrwert von
Beteiligungsmöglichkeiten für Migrant:innen, sei es über
Migrant:innenbeiräte oder Online-Beteiligung. Das Südwind-Projekt EMV
-LII (Empowering Migrant Voices for Local Integration and Inclusion)
ermutigt Migrant:innen dazu, sich aktiv in die Politik einzubringen.
Gleichzeitig werden Gemeinden beim Aufbau nachhaltiger
Beteiligungsstrukturen unterstützt. In Österreich arbeitet Südwind
mit der Stadt Graz und ihrem Migrant:innenbeirat sowie der
Marktgemeinde Lustenau zusammen.

Zwtl.: Weiterführende Informationen:

– Download des Positionspapiers: Südwind Asyl- und
Migrationsforderungskatalog an die Bundesregierung (PDF)

– Download UNHCR-Bericht: Global Trends. Forced Displacement in 2024
(PDF)

– LinkedIn-Profil vom Netzwerk der Grenzgemeinden und -inseln und
NGOs (BTIN – Border Towns and Islands Network)

– Artikel zu Vastria von Alexander Durie, Goldy Levy: On Greece’s
Lesbos, new migrant camp sparks wildfire fears, in Context News,
21.5.2025: https://www.context.news/socioeconomic-inclusion/on-
greeces-lesbos-new-migrant-camp-sparks-wildfire-fears