Wien (OTS) – Nach wie vor stirbt die Hälfte der
Eierstockkrebspatientinnen
innerhalb von 5 Jahren. Eine neuartige Erhaltungstherapie auf Basis
von PARP-Inhibitoren und treffsicherere Chemotherapien mithilfe von
Antikörper-Wirkstoff-Konjugate wollen das ändern. Wie das geht,
welche Vorsorgemöglichkeiten es gibt und welche innovativen
Behandlungsmöglichkeiten es auch für andere Krebserkrankungen des
weiblichen Genitaltraktes gibt, darüber wird beim ESMO Gynaecological
Cancer Congress diskutiert, der vom 19. bis 21. Juni im Austria
Center Vienna stattfindet.
„Alljährlich erkranken in Österreich an die 2.500 Frauen an einer
Krebserkrankung im weiblichen Genitaltrakt. Die gute Nachricht ist,
dass wir schon sehr viele dieser Frauen heilen oder wirksam
lebensverlängernd behandeln können. Für die optimale Therapie ist es
ganz zentral, dass die Krebspatientinnen in spezialisierten Zentren
behandelt werden und dass sie, wo nötig, Zugang zu Studien erhalten,
die ihnen schon heute die Therapie von morgen ermöglichen. Bei der
Behandlung von Eierstockkrebs kommt hinzu, dass wir die Therapie seit
5 Jahren um Erhaltungstherapien erweitern konnten. Das ist ein großer
Meilenstein in der Behandlung von Eierstockkrebs“, so Univ.-Prof. Dr.
Christian Marth, Direktor Universitätsklinik für Gynäkologie und
Geburtshilfe der Medizinischen Universität Innsbruck und Mitglied des
wissenschaftlichen Komitees des ESMO Gynaecological Cancer
Kongresses.
Zwtl.: Eierstockkrebs durch Erhaltungstherapie in chronische
Krankheit verwandeln
Gerade Patientinnen mit Eierstockkrebs haben nach wie vor eine
schlechte Prognose – die Hälfte von ihnen verstirbt innerhalb von 5
Jahren. Große Hoffnung, das zu ändern liegt in einer neuen
Nachbehandlung der Erkrankung. Durch die Ergänzung der klassischen
Therapie – operative Behandlung und Chemotherapie – um eine
medikamentöse Erhaltungstherapie soll sich die Prognose der
Patientinnen wesentlich verbessern. „Mithilfe der Erhaltungstherapie
können Rückfälle verhindert oder verzögert werden, das
progressionsfreie Überleben verlängert werden und die Lebensqualität
möglichst stabil gehalten werden. Sprich unser Ziel ist es, damit die
Eierstockkrebserkrankung in eine chronische Erkrankung zu
verwandeln“, betont Marth.
Zwtl.: PARP-Inhibitoren als Schlüsselfunktion
Nach der molekularen Analyse des jeweiligen Eierstockkrebses
werden bei dieser Nachbehandlung in Tablettenform entsprechende PARP-
Inhibitoren, das sind Poly-ADP-Ribose-Polymerase-Hemmer, verabreicht.
„Diese PARP-Inhibitoren blockieren das Enzym PARP, das für die
Reparatur von DNA-Schäden zuständig ist. Krebszellen, insbesondere
solche mit BRCA1/2-Mutationen oder andern Defekten in der DNA-
Reparatur, sind besonders auf PARP angewiesen. Wird dieses Enzym
gehemmt, so können sich die Krebszellen nicht mehr reparieren und sie
sterben ab“, erklärt der renommierte Gynäkologe das Prinzip. Das gilt
als großer medizinischer Meilenstein.
Zwtl.: Treffsicherere Chemotherapie dank Antikörper-Wirkstoff-
Konjugate
Wesentliche Verbesserungen in der Behandlung von Eierstockkrebs
gibt es vor allem auch durch den Einsatz von Antikörper-Wirkstoff-
Konjunga ten (ADC – Antibody-Drug Conjugates). ADCs kombinieren einen
monoklonalen Antikörper, der sich gezielt an ein Tumor-spezifisches
Oberflächenmerkmal bindet und eine hochwirksame Chemotherapie, die an
den Antikörper gebunden ist. „Man kann sich diese zielgerichtete
Krebstherapie wie ein Trojanisches Pferd vorstellen. Erst wenn die
Krebszelle das Zelltor für die Chemotherapie geöffnet hat, entfaltet
diese ihre kraftvolle Wirkung im Inneren der Krebszelle“, erklärt der
Mediziner. Das macht eine effektivere und für die Patientinnen
schonendere Chemotherapie möglich. Für diese Behandlung vom
Eierstockkrebs kommen – je nach genetischer Ursache– drei bis vier
ADCs in Frage. Zu ihnen zählt ein spezieller Rezeptor für das Folat
vom Vitamin B9, HER2-Rezeptor und TROP-2.
Zwtl.: Eierstockkrebs – der stille, aber häufig aggressive Krebs
„Dass der Eierstockkrebs nach wie vor tendenziell eher in einem
späteren Stadium entdeckt wird, liegt vor allem daran, dass er als
„stiller“ Krebs gilt, der oft sehr lange symptomlos verläuft.
Alljährlich sind in Österreich an die 700 Frauen von einer
Eierstockkrebs-Neuerkrankung betroffen“, erklärt Marth. Häufige
Bauchschmerzen, Zunahme des Bauchumfangs, Verdauungsprobleme und
Verstopfung können erste, aber leider sehr unspezifische Anzeichen
für eine mögliche Erkrankung sein. Bei der routinemäßigen
Ultraschalluntersuchung beim Gynäkologen können zwar verdächtige
Tumoren, Durchblutungsaktivitäten der Tumoren und Flüssigkeiten in
der Bauchhöhle entdeckt werden, aber häufig ist der Eierstockkrebs
dann, wenn er erkannt wird, schon in einem fortgeschrittenen Stadium.
Zwtl.: Krebsvorsorge bei erblich bedingtem Eierstockkrebs
Sind enge Familienmitglieder (Mutter/Schwester/Großmutter) an
Eierstock- oder Brustkrebs erkrankt, kann sich die ratsuchende Frau
daher ab der Volljährigkeit bezüglich ihres eigenen genetischen
Risikos beraten lassen. Idealerweise ist hierfür die konkrete
familiäre Genmutation, nach der untersucht wird, bekannt. Bei erblich
bedingten Eierstockkrebs kommt relativ häufig eine Mutation bei BRCA1
und BRCA2 vor. Das sind Tumorsuppressor-Gene, die eine zentrale Rolle
bei der Reparatur von DNA-Schäden spielen. „Arbeiten diese DNA-
Lektoren nicht richtig, kann Brust- oder Eierstockkrebs im Körper
entstehen, weil die DNA-Lektoren Abschreibfehler in der DNA leider
nicht erkennen“, so Marth. Wird die Frau nun positiv auf die Mutation
getestet, sind für sie schwerwiegende Entscheidungen zu treffen – so,
ob sie lieber mit dem Wissen über ihr Risiko leben und engmaschige
Kontrollen vorzieht oder ob sie – wie die Schauspielerin Angelina
Jolie, dessen Mutter und Großmutter Eierstockkrebs hatten – durch
prophylaktische operative Entfernung von Brüsten, Eileiter und
Eierstock eine mögliche zukünftige Krebserkrankung verhindern möchte.
Zwtl.: Krebs im weiblichen Genitaltrakt – Vielfalt und
unterschiedliches Risiko
Von den 2.500 Frauen, die in Österreich alljährlich an einer
Krebserkrankung im weiblichen Genitaltrakt erkranken, leiden 1.100 an
Gebärmutterkörperkrebs, 700 an Eierstockkrebs und 450 an
Gebärmutterhalskrebs. ¾ dieser Krebserkrankungen entstehen aufgrund
von Umweltfaktoren – wie Lifestyle – oder Zufall. ¼ entsteht aufgrund
von erblichen Faktoren, sprich, dass die Zellmutation bereits in der
Keimbahn der Eizelle passiert ist und die Mutation in allen
Körperzellen des Menschen vorhanden ist. Ist ein Elternteil Genträger
einer solchen Mutation besteht für die Kinder jeweils eine 50%-ige
Wahrscheinlichkeit ebenfalls ein entsprechender Genträger zu sein.
Bestimmte Krebserkrankungen weisen einen sehr engen Zusammenhang auf,
wie beispielsweise Brust- und Eierstockkrebs oder Darm- und
Gebärmutterkörperkrebs. Das Entstehen durch HPV-Viren verursachten
Krebs – wie Gebärmutterhalskrebs, Scheiden- und Schamlippenkrebs
sowie HNO- und Endarmkrebs – könnte mittlerweile durch eine
entsprechende HPV-Schutzimpfung verhindert werden.
Über die IAKW-AG und den ESMO-Kongress
Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien,
Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna
International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna.
Das Austria Center Vienna ist mit 21 Sälen, 134 Meetingräumen sowie
rund 26.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum
und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen. Die
European Society for Medical Oncology (ESMO) ist eine der wichtigsten
europäischen Fachgesellschaften für medizinische Onkologie. Der ESMO
Gynaecological Cancer Congress widmet sich der Verbesserung des
Verständnisses und der Behandlung von gynäkologischen
Krebserkrankungen wie Eierstock- Gebärmutterhals-, Gebärmutter-,
Vaginal- und Vulvakrebs.