Wien – Es ist ein Paukenschlag in der europäischen Hotellerie-Szene: Eine europaweite Sammelklage gegen den Buchungsriesen Booking.com sorgt für Aufsehen. Die ÖHV (Österreichische Hotelvereinigung) hat angekündigt, dass die Türen für Rückforderungen durch Hotels nun weit offen stehen. Doch was bedeutet das für die Branche und insbesondere für die österreichischen Hotels? Wir werfen einen genaueren Blick auf die Hintergründe, die Auswirkungen und die Zukunft dieser Klage.
Paritätsklauseln: Ein Wettbewerbsbrecher?
Über Jahre hinweg haben Paritätsklauseln, die von Booking.com eingeführt wurden, den Wettbewerb zwischen Online-Plattformen erheblich beeinträchtigt. Diese Klauseln hinderten Hotels daran, über ihre eigene Website günstigere Konditionen anzubieten, was zu überhöhten Provisionen führte. Solche Praktiken wurden von der Europäischen Union kritisch beäugt, und im September 2024 erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Klauseln für wettbewerbswidrig.
Was sind Paritätsklauseln?
Paritätsklauseln, auch als „Bestpreisklauseln“ bekannt, verpflichten Hotels, auf Plattformen wie Booking.com keine schlechteren Preise oder Bedingungen anzubieten als auf ihrer eigenen Website oder anderen Vertriebskanälen. Dies schränkt die Preisgestaltungsmöglichkeit der Hotels ein und führt zu einer künstlichen Preiserhöhung.
Der ÖHV-Generalsekretär Dr. Markus Gratzer betont: „Diese Klauseln haben den Markt verzerrt und den Hotels erheblichen finanziellen Schaden zugefügt. Jetzt haben wir die Chance, dies rückgängig zu machen.“
Die Sammelklage: Ein gemeinsamer Kampf
Unterstützt von Hotelverbänden aus 26 Ländern, hat der europäische Branchenverband HOTREC die Initiative zur Sammelklage ergriffen. Diese Klage wird vollständig durch Prozessfinanzierer gedeckt, die nur im Erfolgsfall profitieren. Für die teilnehmenden Hotels bedeutet dies: kein finanzielles Risiko, aber die Aussicht auf erhebliche Rückforderungen.
Ein Blick auf die Schweiz und Spanien
Die Schweiz und Spanien sind Vorreiter im Kampf gegen die wettbewerbswidrigen Praktiken von Booking.com. In der Schweiz wurden die Kommissionen auf Anordnung des amtlichen Preisüberwachers um 25 % gesenkt. In Spanien verhängten die Kartellwächter im Vorjahr eine Strafe von über 400 Millionen Euro gegen den Buchungsgiganten. Diese Maßnahmen zeigen, dass sich der Kampf gegen unfaire Praktiken lohnt.
Österreichs Position in der Klage
Österreichische Hotels haben bereits vor zehn Jahren einen wichtigen Schritt gemacht, als die Anwendung der „Bestpreisklauseln“ hierzulande verboten wurde. Dennoch könnten viele Betriebe durch die Paritätsklauseln der letzten zwei Jahrzehnte finanziell geschädigt worden sein. Schätzungen zufolge könnten mehr als 30 % der Kommissionen zurückgefordert werden. Dies bietet eine enorme Chance für österreichische Hotels, verlorene Einnahmen zurückzugewinnen.
Expertenmeinungen zur Klage
Rechtsexperte Dr. Thomas Müller erklärt: „Die rechtlichen Grundlagen sind solide. Das EuGH-Urteil bildet einen starken Präzedenzfall, und die Unterstützung durch HOTREC verleiht der Klage zusätzliches Gewicht.“
Wie geht es weiter?
Hotels, die sich der Sammelklage anschließen möchten, können sich bis zum 31. Juli 2025 über die Plattform www.mybookingclaim.com registrieren. Die Stichting Hotel Claims Alliance, die bereits das EuGH-Urteil C-264/23 erwirkt hat, wird den Fall bearbeiten.
Ein Blick in die Zukunft
Die Klage könnte weitreichende Folgen für die Hotelbranche haben. Sollte sie erfolgreich sein, könnten ähnliche Klagen gegen andere Plattformen folgen, was den Markt grundlegend verändern würde. Für die Hotels würde dies mehr Freiheit in der Preisgestaltung und potenziell höhere Gewinne bedeuten.
Hotelier Anna Schmidt aus Wien zeigt sich optimistisch: „Endlich haben wir die Möglichkeit, uns gegen diese unfaire Praxis zu wehren. Das könnte die Hotellerie nachhaltig verändern.“
Fazit: Ein Aufbruch in eine neue Ära?
Die Sammelklage gegen Booking.com ist mehr als nur ein Rechtsstreit – sie ist ein Symbol für den Kampf um Fairness und Transparenz im digitalen Zeitalter der Hotellerie. Während die Klage voranschreitet, bleibt die Frage, ob dies der Beginn einer neuen Ära für die Branche ist, in der Hotels wieder die Kontrolle über ihre Preisgestaltung erlangen.
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