Der Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBVs) hat die österreichische Wohnbaupolitik scharf kritisiert. Sie werfen den Verantwortlichen mangelnde Systemkenntnis vor und warnen vor den Folgen der angekündigten Mietpreisbremse für 2026 und 2027. Doch was bedeutet das konkret für die Mieter und die Zukunft des Wohnungsmarktes in Österreich?
Die Mietpreisbremse: Ein umstrittenes Instrument
Am 3. Juni 2025, um 14:32 Uhr, ging eine Pressemitteilung des Österreichischen Verbandes Gemeinnütziger Bauvereinigungen über die Nachrichtenagentur OTS. Der Verband reagierte damit auf die jüngsten Ankündigungen von Wohnbauminister Babler, der eine Mietpreisbremse für die Jahre 2026 und 2027 angekündigt hatte. Diese Maßnahme soll die steigenden Mieten im freien Wohnungsmarkt eindämmen. Doch der GBV sieht darin keinen zielführenden Ansatz, um die Mieten im gemeinnützigen Wohnungsbau zu regulieren.
Was ist der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (EVB)?
Der EVB ist ein gesetzlich geregelter Beitrag, der zur Erhaltung und Verbesserung von Wohngebäuden erhoben wird. Er beträgt in der Grundstufe bis maximal fünf Jahre nach Bezug 0,59 Euro pro Quadratmeter Wohnnutzfläche und kann nach 20 Jahren auf maximal 2,33 Euro pro Quadratmeter steigen. Etwa 700.000 Wohnungen, die von GBVs errichtet wurden, fallen unter diese Regelung.
Der EVB dient als finanzielles Polster, um die Instandhaltung von Gebäuden zu gewährleisten. Dazu zählen notwendige Reparaturen an Dächern, Fenstern und Aufzügen. Doch die steigenden Kosten für diese Arbeiten können durch den gedeckelten EVB nicht mehr vollständig finanziert werden. Die Folge: Ein Sanierungsrückstau droht, der die Wohnqualität der Mieter erheblich beeinträchtigen könnte.
Der Sanierungsdeckel: Eine Bedrohung für den Wohnungsmarkt?
In den vergangenen zwei Jahren wurden die Einnahmen der GBVs durch den gedeckelten EVB um mehr als 15 Prozent reduziert. Diese finanzielle Lücke zwingt die Bauvereinigungen dazu, massiv aus Eigenmitteln in die Sanierung zu investieren. Zum 31. Dezember 2023 betrug der Stand der Instandhaltungsvorlagen mehr als 2 Milliarden Euro für die gesamte Branche.
Die GBVs bezeichnen den EVB als einen automatischen Stabilisator. Diese Funktion sorgt dafür, dass bei steigenden Preisen ausreichend Mittel für die Instandhaltung zur Verfügung stehen. Ein Vergleich mit anderen sozialstaatlichen Aufgaben zeigt, dass niemand auf die Idee käme, die Beiträge zur Pensions-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherung zu senken, wenn die Ausgaben in diesen Bereichen steigen.
Die politischen Hintergründe
Die Deckelung des EVB wird von den GBVs als untragbar angesehen. Sie argumentieren, dass die Deckelung der WGG-Grundmiete keine geeignete Maßnahme gegen das Ansteigen der freien Mieten ist. Vielmehr werde sie zum Vorwand genommen, um einen Mietendeckel im regulierten Bereich zu argumentieren, wo die Mieten nur geringfügig gestiegen sind. Der Verband sieht darin eine Wohnbaupolitik mit Placebo-Effekt, die keine nachhaltigen Lösungen bietet.
Die Forderungen der GBVs
Der neu gewählte Vorstand des Verbandes, mit Obmann KR Mag. Michael Gehbauer und Obmann-Stellvertreterin Mag.a Isabella Stickler an der Spitze, richtet einen dringenden Appell an die Verantwortlichen im Wohnbau, die derzeitige Politik zu überdenken. Sie fordern, die GBVs von der Deckelung auszunehmen. Diese Forderung wird von allen 173 Mitgliedsunternehmen des Verbandes unterstützt.
Rechenbeispiele: Was bedeutet das für Mieter?
- Prognose VPI 2026 Schätzung IHS: 2%, Erlaubte Erhöhung 1%
- WGG-Wohnung 50 m², errichtet 2023: EVB 0,59 Euro
- Ersparnis im Jahr 0,59 x 12 x 50, davon 1%: 3,54 Euro im Jahr 2026
- WGG-Wohnung 50 m², errichtet 1995: EVB 2,33 Euro
- Ersparnis im Jahr 2,33 x 12 x 50, davon 1%: 13,98 Euro im Jahr 2026
- Frei finanzierte Wohnung 50 m², Miete 10 Euro
- Erlaubte Erhöhung: 50 x 10 x 12, davon 2%: 120 Euro im Jahr 2026
Diese Beispiele zeigen, dass die Ersparnisse für Mieter im gemeinnützigen Bereich im Vergleich zu frei finanzierten Wohnungen relativ gering sind.
Ein Blick in die Zukunft
Wie könnte sich die Situation in den nächsten Jahren entwickeln? Experten warnen vor einem erheblichen Sanierungsrückstau, der die Wohnqualität in Österreichs gemeinnützigen Wohnbauten massiv beeinträchtigen könnte. Ein fiktives Zitat eines Wohnbau-Experten könnte lauten: „Wenn die Politik nicht handelt, werden in wenigen Jahren tausende Wohnungen unbewohnbar sein. Die Kosten für die Sanierung werden dann explodieren.“
Eine mögliche Lösung könnte darin bestehen, den EVB flexibler zu gestalten und an die realen Kostensteigerungen anzupassen. So könnte der Wohnungsmarkt stabilisiert und die Qualität des Wohnraums gesichert werden.
Vergleich mit anderen Bundesländern
Ein Blick über die Grenzen Wiens hinaus zeigt, dass auch andere Bundesländer mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. In Salzburg beispielsweise wird ebenfalls eine Deckelung des EVB diskutiert. Doch die Erfahrungen aus Wien zeigen, dass diese Maßnahme nicht die gewünschten Effekte erzielt.
Insgesamt bleibt abzuwarten, wie die politischen Entscheidungsträger auf die Forderungen der GBVs reagieren werden. Klar ist jedoch, dass die Zukunft des gemeinnützigen Wohnungsbaus in Österreich auf dem Spiel steht.