Inmitten der hitzigen Debatte über Krankenstände und die Belastungen des Gesundheitssystems in Österreich, enthüllt eine aktuelle Pressemitteilung der Arbeiterkammer Oberösterreich eine alarmierende Wahrheit: Nicht die Krankenstände an sich sind das Problem, sondern die Tatsache, dass immer mehr Menschen krank zur Arbeit gehen. Diese Praxis, die als ‘Präsentismus’ bezeichnet wird, wirft ein Schlaglicht auf die dringenden Herausforderungen, vor denen Arbeitnehmer und das Gesundheitssystem gleichermaßen stehen.

Die Fakten auf dem Tisch

Laut der Mitteilung von AK-Präsident Andreas Stangl sind fast zwei Drittel der Beschäftigten in Österreich gezwungen, krank zur Arbeit zu gehen. Dies geschieht oft aus Angst vor Konsequenzen oder aus Loyalität gegenüber den Kollegen. Diese alarmierende Zahl zeigt, dass das Problem nicht in steigenden Krankenständen liegt, sondern in der Tatsache, dass Arbeitnehmer ihre Gesundheit gefährden, um ihren Arbeitsplatz zu sichern.

Ein Blick auf die Statistik

Die Daten zeigen, dass die durchschnittlichen Krankenstandstage in Österreich im Jahr 2022 bei 14,9 Tagen lagen, was im Vergleich zu anderen OECD-Staaten ein mittleres Niveau darstellt. Deutschland führt mit 24,9 Tagen, was zeigt, dass Österreich keineswegs Spitzenreiter in dieser Statistik ist. Dennoch zeigt der Trend seit 2022 einen leichten Anstieg der Krankenstandstage, nachdem die Zahlen seit 1980 kontinuierlich gesunken waren.

In Oberösterreich betrug die durchschnittliche Krankenstandsdauer der ÖGK-Versicherten im Jahr 2024 15,5 Tage, wobei Branchen mit hoher körperlicher oder psychischer Belastung höhere Werte aufweisen. Besonders betroffen sind der Bergbau mit 17 Tagen, die Versorgung und Abfallentsorgung mit 18,7 Tagen sowie das Gesundheits- und Sozialwesen mit 16,5 Tagen. Besorgniserregend ist die Situation in der Arbeitskräfteüberlassung, wo die Zahl der Krankenstandstage auf 22,3 Tage anstieg.

Präsentismus: Ein wachsendes Problem

Der Anteil der Menschen, die trotz Krankheit arbeiten, hat sich seit 2015 mehr als verdoppelt. Während damals etwa 30 Prozent der Arbeitnehmer krank zur Arbeit gingen, sind es heute über 60 Prozent. Die Gründe sind vielfältig: Ein starkes Pflichtgefühl gegenüber den Kollegen motiviert 57,3 Prozent der Betroffenen, während 39 Prozent angeben, dass es keine Vertretung für ihre Aufgaben gibt.

Die Folgen des Präsentismus sind erheblich. Rund 20 Prozent der Arbeitnehmer geben an, dass sie aufgrund dieser Praxis länger krank waren, als es bei ausreichender Erholung notwendig gewesen wäre. Zudem leidet die Konzentration am Arbeitsplatz, was nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die Qualität der Arbeit beeinträchtigt.

Experten schlagen Alarm

Dr. Helmut Berger, ein führender Arbeitspsychologe, warnt: “Präsentismus ist ein unterschätztes Phänomen, das nicht nur die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährdet, sondern auch die Produktivität der Unternehmen beeinträchtigt.” Er fordert Unternehmen auf, mehr in die betriebliche Gesundheitsförderung zu investieren und flexible Arbeitsmodelle anzubieten, die es den Mitarbeitern ermöglichen, sich bei Krankheit vollständig zu erholen.

Die Forderungen der Arbeiterkammer

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat klare Forderungen, um die Situation zu verbessern:

  • Eine gerechte und qualitative Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Oberösterreich.
  • Drastische Reduzierung der Wartezeiten auf Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems.
  • Keine Verschlechterungen bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
  • Einen Kündigungsschutz während des Krankenstandes.
  • Verstärkte Investitionen in Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung.

Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Arbeitnehmer nicht gezwungen sind, krank zur Arbeit zu gehen, und dass das Gesundheitssystem die notwendige Unterstützung bietet.

Ein Blick in die Zukunft

Die Zukunft des österreichischen Gesundheitssystems hängt von der Umsetzung dieser Forderungen ab. Experten sind sich einig, dass nur durch eine umfassende Reform sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber langfristig profitieren können. Die Einführung von flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten und einer verbesserten Gesundheitsversorgung könnten entscheidende Schritte sein, um den Präsentismus zu reduzieren und die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich setzt sich weiterhin für diese Veränderungen ein und fordert die Politik auf, schnell zu handeln. Die Gesundheit der Arbeitnehmer sollte an erster Stelle stehen, um ein nachhaltiges und produktives Arbeitsumfeld zu gewährleisten.

Für weitere Informationen und die vollständige Pressekonferenzunterlage besuchen Sie die offizielle Pressemitteilung der Arbeiterkammer Oberösterreich.